Buch.
Erstes
Architectur.
5. 4.
Baugesinnung anderer
Städte.
Auch in halbfreien und fürstlichen Städten, sobald sie eigene
städtische Bauentschltisse fassen können, äussert sich ein ähnliches
Gefühl in klaren Worten. Venedig schweigt beinahe völlig; wo es
spricht, tönen seine Worte am stolzesten.
Orvieto nennt 1420 seinen Dom eine herrliche Kirche ohne Gleichen
in der Welt; 1380 die Ambition, die grösste Orgel der Welt bauen
zu lassen; Della. Valle, storia del Duomo di Orvieto, p. 118 und docum.
50 und 63.
In Perugia ist es 1426 der päpstliche Governator, Welcher die Bürger
beredet, eine so vornehme Stadt brauche einen viel mäehtigern und schö-
nern Dom als der bisherige sei; die Kosten zwischen Papst, Bürgerschaft
und Domcapitel getheilt. Einem Neubau von S. Domenico zu Liebe
wurde eine Verkehrssteuer beschlossen; Graziani, cronaca, im Archiv. stor.
XVl, I, p. 318, 418, 575, 620.
Auf dem herabgekomlnenen Piacenza lastete aus besseren Zeiten,
seit 200 Jahren, das Gelübde eine Madonnenkirche zu bauen; die merk-
würdige Berathung 1467, mit besorglicher Einrede, der Herzog Galeazzo
Sforza möchte dielStadt plagen, wenn sie Geldmittel sehen lasse; die
Ausführung hauptsächlich durch Gollecte mit Hülfe eines grossen Predigers
Fra Giovanni da Lugo, begleitet von Wundern und Zeichen; Annales
Placentini, bei Murat. XX, G01. 921, ss.
In Venedig bekam Sanmicheli (gegen 1540) den Auftrag zum Bau
der prächtigen Wasserveste S. Andrea am Lido mit der Bemerkung: da
er in weiter Ferne die Festungen der Republik (auf Corfu, Candia, Gypern)
neu gebaut habe, möge er nunmehr Wohl erwägen, was seine neue grosse
Verpflichtung mit sich bringe bei einem Bau, Welcher ewig vor den
Augen des Senates und so vieler Herren dastehen müsse. Vasari Xl,
p. 115, v. di Sanmicheli.
Denkweise
ä. 5.
der Gewaltherrscher.
Die Herrscher, fast alle illegitim und gewaltsam, waren kraft
psychologischer Nothwendigkeit meist so baulustig als ihre Mittel es
zuliessen. Bauten waren ein dauerndes Sinnbild der Macht und konnten
für die Fortdauer einer Dynastie und für ihre Wiederkehr, wenn sie
vertrieben war, von hohem Werthe sein.
Ueber das Verhältniss des usurpirten Fürstenthums zum Ruhm und
zur Intelligenz vgl. Cultur d. Renaiss, III. Aufl. S. 8, 161 u. i; das Ver-