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Zweites Buch.
Decoration.
nach dem Ausdruck der Leichtigkeit streben. Die Römer gingen hierin
ohne Zweifel noch weiter als wir es aus den vorhandenen Resten (Sof-
fitten zwischen Ternpelsäulen, Cassetten an Flachdecken und Gewölben)
nachweisen können; ihre sprichwörtlich gewordenen Lacunaria waren
gewiss oft mit Pracht überladen. Allein es war bei WVeitem nicht genug
davon erhalten oder bekannt, um die Renaissance für die Flächenverzie-
rung im Allgemeinen zu fördern.
Im Mittelalter begnügte sich der romanische sowohl als der gothische
Styl, wo sie die Flächen nicht den Figuren überliessen, mit aufgemalten
Teppichmotiven.
Die Decoration des Islams, gemalt, glasirt oder mosaicirt, ist lauter
fortlaufender Teppichstolf ohne Rücksicht auf eine bestimmte begrenzte
Fläche. Das Ungenügende des Princips wird besonders an den Gefässen
sichtbar. Von der byzantinischen Flächenverzierung gilt beinahe das-
selbe.
Das einzige Präcedens für das, was die Renaissance z_u leisten sich
anschickte, waren spätrömische Pilaster zumal aus diocletianischer Zeit,
welche Arabesken von Äeinem Rahmenprofil umgeben enthalten. (Pilaster
am Arco de" Leoni zu Verona; am Bogen der Goldschmiede zu Rom
enthalten die Pilaster nur reich geschmückte Feldzeichen.)
Die Renaissance zuerst respectirte und verherrlichte eine bestimmte
Fläche als solche. Die Vertheilung oder Spannung des Ziermotives im
Raum, seine Beziehung zum umgebenden Rahmen oder Rand, der Grad
seines Reliefs oder seiner Farbe, die richtige Behandlung jedes Stoffes
schaffen zusammen ein in seiner Art Vollkommenes.
Dass man jedoch im Ganzen die Alten nicht erreicht habe, ist das
Gefühl Vasaris; XI, p. 74, v. di Mosca.
132.
Uebersicht
der
Ausdrucksweisen.
Die Formensprache der Renaissancedecoration ist ungeheuer reich
und redet fast an jedem einzelnen Werk aus verschiedenen Tönen zu
gleicher Zeit. Das Hauptelement ist ein ideal-vegetabilisches, auf allen
Stufen von dem beinahe Wirklichen bis zur traumhaft spielenden Ver-
flüchtigung und andererseits bis nahe an die mathematische Versteine-
rung. Dazu kommen figürliche Darstellungen, welchen die Decoration
nur als Einfassung dient; dann figürliche Zuthaten innerhalb der Deco-
ration selbst, sowohl Menschen und Thiere als leblose Gegenstände; endlich
Uebergänge aus dem Vegetabilischen in das Menschliche und Thieri-
sehe. Dieses Alles kann im Hachsten wie im stärksten Relief , ja in