Buch.
Erstes
Architectur.
Beim Kirchenbau natürlich nicht genau auszuscheiden vom Bedürfniss
der Frömmigkeit. Der sichtbare Ausdruck der letztern, Ablass, Gollecten
und Almosen auch für Cathedralen nicht entbehrlich und für Bauten von
Ordenskirchen die wichtigste Geldquelle. Doch hatte der Ablass in Italien
politische Grenzen; wenn die nordischen Cathedralen während ihres Baues
jede auch im Gebiet der andern collectiren liessen, so wären Pisaner,
Bolognesen, Sienesen, Florentiner, Venezianer einander wohl sonderbar
vorgekommen, wenn eine dieser Städte Aehnliches versucht hätte.
Ablass Bonifaz IX. für den Dombau zu Mailand 1391, den Besuch der
dortigen 5 Hauptkirchen dem der römischen Patriarchalkirchen gleich-
stellend, höchst einträglich, Corio, storia di Milano, fol. 269. Ebenso die
jährliche Oblation am Fronleichnainsfest; Petri Gandidi Decembrii vita
Phil. Mariae Viceconr, bei Muratori XX, Gol. 998.
Ungeheure Collecten an einzelnen Wallfahrtsstätten, Gaben einer bunt
gemischten Pilgerschaft; die alljährliche am Grab des h. Antonius zu
Padua warf oft bis 400 Goldstücke ab; Mich. Savonarola, de laudibus
Patavii, bei Murat. XXIV, Col. 1148. (Geschrieben nach 1445.)
In Venedig S. Maria de" miracoli 1480 aus einer bloss örtlichen raschen
Collecte von 30,000 Ducaten erbaut; S. Giovanni Grisostomo 1497 meist
aus Ablassgeldern; Malipiero, ann. veneti, archiv. stor. VII, II, p. 705.
Besonders zahlreiche Stiftungen und Herstellungen von Kirchen und
Klöstern in Schreckenszeiten, z. B. zu Ende des XV. Jahrh. in Perugia;
Matarazzo, cronaca, archiv. stor. XVI, II, p. 6.
Doch die Oblationen bisweilen nur scheinbar freiwillig; Diario Ferra-
rese, bei Murat. XXIV, G01. 197, die für den Domthurm von Ferrara seit
1451, thatsächlich vorgeschrieben.
der Florentiner.
Baugesinnung
Die
In den freien Städten will vor Allem der municipale Stolz in
einem mächtigen Dombau sich selber ein Genüge thun und die Nach-
barn übertreffen. Die blosse Devotion, dem Anschwellen und Abneh-
men unterworfen, tritt zurück neben Staatsbeschliissen und Steuern.
Von Venedig und Pisa im XI. Jahrh. ist das Nähere hierüber nicht
bekannt. Aber 1153 werden die Kosten für das Baptisterium zu Pisa
durch eine städtische Auflage gedeckt und dann, der Sage nach, Säulen,
Pfeiler und Bogen binnen 15 Tagen aufgesetzt; Vasari I, p. 210, im
Proemio, c. 14. Arezzo, welches das für den Dombau bestimmte Legat
Greg0r's X (st. 1276) mit Kriegen ausgegeben, beschloss eine Abgabe
seines ganzen Gebietes auf alle Zukunft; Vasari I, p. 305, s. vita di Mar-
garitone.