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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
dem einen hatte er den Stifter mit dem heiligen Francesco in
einer scheinbar leichten Behandlung dargestellt mit wenig star-
ken Lichtern und Schatten, wenig Falten in den Gewändern,
Gesichtern voller Heiligkeit, und nach lllalvasia war _es ein
Gemälde von wunderbarer Grossheit, Auf dem andern stellte
er die Lieheshuld in einem miirben, anmuthigeil, vollendeten
Style dar, welcher nachher stets, nach desselben Mnlvasia
Urtheil, Muster und Richtschnur der neuern Malerei war. Er
erzählt ferner, Albani, Guido und Domenichino hätten
von ihm die siisse Behandlung gelernt, wie wahrscheinlich aus
dem heil. Domenico Cavedoni seinen ersten Styl schöpfte
und aus dem heil. Paulus bei den Minoriten Guereino scin
gresses Helldunkel. Kurz, darf man der Geschichte glauben,
so ist Lodovico in Seiner Schule, was Homer unter den
(Erieelien, fons ingeniorurlz. Jeder hat in ihm gefunden, was
den Charakterseines Wissens ausmacht; denn in jedem 'I'heiie
der Malerei war er ungemein tief 15)!
Diese seine llleistcrscliaft tritt mehr als irgendwo inr Klu-
ster S. Michelc in Bosco hervor, wo ermit seinen Schülern
die 'I'l1aten des heil. Bcnedict und der heil. Cäcilia in sieben
und drcissig besondern Bildern darstellte. Von ihm ist der
Brandzu Monte Cassino und einige andere; die übrigen sind
von Guido, Tiarini, Massari, Cavedoni, Spada,
Qarbicri, Brizio und andern Jünglingen; Gemälde, die auch
gestochen und der Kunstumbildncr jener Zeit würdig sind!
Beim Anblick dieser Bildersannnlung von mchrern Händen, wie
ich sie nennen will, möchte man Lodovictfs Schule beinahe
das verbrauchte Lob ertheilen, dass aus ihr, wie aus dem tro-
janer Russe, lauter Fürsten hervorgegangen. Was ihm aber
die meiste Ehre macht, ist, dass die Nellen selbst bis zuletzt
ihn als Lehrer verehrten, so dass Annibalc, als er nun die
Gallerie der Farnesi vollendet hatte, ihn nach Rom berief
als Rathgeber, Richter und Vollender dieses grossen Werks.
16) S. ChfSpVs ZergliedErung der beiden Gemälde der Karthnuße
S, 32, der (väeisclulng Christi und der Durneulcrönung, wg Ql- die
gen-hebe Kunst bemetklich Inzucht, das Licht auf vUil-kung zu beredh
nen, Wupdersumß Fernweh-live und eine fast unüberlreülicbe Erfindung
in Darstellung des Dlartyrthuzns U. H. [n