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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
eine Wahrheit, eine Kraft, eine Vertreibung, eine Eintracht
der Farben, dass man sie auch hierin die Erneuerer und Um-
bildner der Kunst nennen mixss. Sie verdrängten das Gelb-
liche und die übrigen schwachen 'l'inten, die aus Geiz statt Blaus
und anderer theuerer Farben eingeführt worden waren; worin
Bellori dem Annibale das grösste Verdienst beilegt, und
behauptet, durch ihn habe auch Lodovico sein erstes Colo-
rit abgelegt, welches procaccinisch war.
In Bewegung und Ausdruck wollten sie Lebhaftigkeit, ohne
jedoch der Schicklichkeit etwas zu vergeben, die sie ganz be-
sonders beobachteten; dieser hätten sie alle Anmuth der
Kunst geopfert. In Erlindung und Zusammenstellung naht ihr
Geschmack dem raffaelischexi sehr. Verschwenderisch mit
Gestalten waren sie nicht; zwölf schienen ihnen für jede ge-
schichtliche Darstellung hinlänglich, ausgenommen in Volks-
mengen, oder Schlachten, wo sie doch auch vorsichtig waren,
damit die Gruppen ihres. Orts gehörig hervortreten. Dass
sie überlegsam, gelehrt, mannichfaltig ersanneix und Vortru-
gen, beweisen ihre biblischen Geschichten auf Altarbildern: die
verbrauchte Anordnung einer Madonna unter mehrern Heiligen
mieden sie möglichst u). Noch besser aber beweisen es ihre
weltlichen Bilder, vor allen die des Romulus in dem eben ge-
nannten Hause. Dort; zeigen sich sämmtliche drei Brüder als
alle Zweige der Malerei unlfassend; als Ansichtmaler, Land-
schafter, Verzierer, aller Style Mächtige sammeln sie, so
zu sagen, in Einem Gesichtspuncte das Beste, das man nur
an einem Werke verlangen kann. Nicht drei Maler scheinen
sie, sondern einer; wie man denn auch in mehrern Sammlun-
gen und Kirchen Bolognaßs sieht. Sie hatten dieselben An-
sichten der Behandlung, und ersannen, besprachen, vollendeten
jedes Bild einträchtig in ihrem Streben. Ueber einige Gemälde
wird noch gestritten, ob sie von Annibale, oder Irod o-
vico seien; und die drei evangelischen Geschichten der Sam-
ncapier Gesandte galf, sah ich diesen Saal so beleuchtet und es schien
eine wahre Zauberei. Man glaubte die Natur selbst vor Sich zu
sehen. Q.
14) Dennoch ist ein Bild dieser Art in der dresdner Gallerie.
Q.