Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Dritter Band)

Die Caracci, ihre Zögl. u. Nachf. bis auf Cignani. 
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werthe; man stellte die eigenen Arbeiten aus und musterte den 
oder jenen Theil; und wer sein Werk nicht mit guten Grün- 
den verliheidigte, durchstrich es ofort. Jedem stand frei die 
Bahn zu wandeln, die ihm am meisten gefiel; ja, jeder wurde 
zu dem Style angeleitet, wozu ihn die Natur trieb; daher 
so viele ureigenthümliehe Behandlungsweisen aus Einem Arbeit- 
saale hervorwucherten; jedoch musste Vernunft, Natur, Nach- 
ahmung die Grundlage eines jeden seyn. Bei schwerem Be- 
denklichkeiten wendete man sich an Lodovico; den tägli- 
chen Uebungen im Zeichnen wohnten die Vettern bei, ämsige, 
betriebsame, der Trägheit abholde Jünglinge. Selbst die Erho- 
lungen der Akademiker förderten noch die Kunst; kleine Land- 
schaften nach der Natur zeichnen, ein Zerrbild entwerfen, 
waren die gewohnten Erholungen Annibale's und einer 
Schüler w). 
Der bereits früher angeführte Grundsatz, Naturbeobachtung 
mit der Nachahmung der besten Meister zu verbinden, war der 
earaecischen Schule eigen, wiewol sie ihn, wie wir schon 
bemerkten, je nach den Naturanlagen bemassen. Sie hätten 
gern alles Bessere anderer Schulen vereinigt; und dahin schlu- 
gen sie zwei Wege ein. Der erste ist dem der Dichter ähnlich, 
welche sich bei einzelnen Canzonen verschiedene Muster vorhal- 
ten, und in einer zum Beispiel Petrarea, in einer andern 
Chiabrera, in einer dritten Frugoni nachahmen. Der 
zweite gleicht dem derer, welche die drei Style heherrschend in 
einander verschmelzen und gleichsam Ein korinthisches Erz 
aus mehrern andern bilden. Nicht anders pflegten die Ca- 
racci in manchen ihrer Gebilde mehrere Figuren in verschie- 
i 
10) Ich bemerke, das die beiden jüngern Caracci auch in Rom 
ihre Schüler noch auf dieselbe Weise zu üben fortfuhren. Pass eri 
in Guido's Leben sagt, dass auch Gelehrte hinzutraten und manche 
Geschichte zu zeichnen aufgaben, nicht ohne Belohnung derer, welche 
sie am besten ausführtezi; und das, als einst Domenichino, der 
einer der jüngsten war, Allen vorgezogen wurde, Guido zur leb- 
haftesten Nacheiferung aufgeregt ward. Der Geschichtschreiber setzt 
hinzu, dass man nachher in der römischen Schule dasselbe Verfahren 
befolgte und der Card. Franc, Barherini, Urbans Vlll. Nelfe, bei 
der Wahl des Ersteren sich verwendete, und mit seinem Gelde ihn 
und die andern, die ihm amxnächstell kamen, bis zum vierten, be- 
lnhnte; dem Ersten trug er sogar ein Gemälde des gezeichneten Ges- 
genslandes auf. Wie fördert dies die Kunst! L.
	        
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