Dritter
Zeitraum.
Die
Caracci ,
ihre
Zöglinge , und
Cignani I).
Nachfolger
bis
auf
Die Geschichte der Caracci und ihrer Nachfolger umfasst
die Geschichte der italischen Ivlalerci von beinahe zwei Jahr-
1) Vgl. Göthe's Xitinckelmann S. 213. ff. Rum ohr Kunst-
blatt z. Morgenbl. 1820. 2l8. f. W".
Nur dann ist es begreiilich, wie die Caracci eine so ausgebrei-
tete Herrschaft über die Kunstschulen Italiens gewinnen konnten,
wenn man bedenkt, dass sie auf die Manieristen folgten, welche alles
Grose und Schöne, was Leonardo, Michelangelo und Raf-
fael hervorgebracht hatten, durch entstellende Nachäfferei, thörichtes
Ueberbieten des Tretflichstcn und gehaltlose Bestrebungen nach dem
Auffallenden in den Augen der Menge entwürdigten und die gemeine,
gedanken- und sinnlose Schaulust -auf sich zogen. Es zeigt dies aber
freilich auch, wie weit die Bildung ausgeartet war; denn sonst wiire
man zu dem Treriiichen jener grossen Meister zurückgekehrt, als die
Besonnenheit wieder eintrat und jenes Blendwerk der hlanier zerronnen
war. Allein es war eben nur Besonnenheit nach einem Rausche, die
der wahren Begeisterung ermangelte und mismüthig sah, dass das
Herrlichste, was die Kunst hervorgebracht, von Feinden nicht geschont
worden war. Viele Päpste waren jetzt mehr darauf bedacht, ihre Familien
zu Bereichern, als durch Werke der Kunst die Kirche zu verherrlichen
und Unternehmungen einzuleiten, deren Vollendung sie ihren Nachfol-
gern überlassen und künftigen glücklichernZeiten anvertrauen mussten.
Was man that, unternahm man für sich und für die Gegenwart, weil
die nächste Zukunft schon zu fern und unsicher schien und jeder die
Frucht des Baumes, den er pflanzte, geniessen tvollle.
Hier waren denn die Caracci die rechten Leute für diese Zeit,
An Verstand, Kunstkenntnissen und Uebung, an Kraft und Thiitigkeit
den Manieristen weit überlegen, mussten sie nach einigem Kampfe
den Sieg davon tragen. Was sie leisteten, war verständig, leicht
fasslich, kräftig, den Sinnen wohlgeliillig, technisch völlig genügend.
Dabei hatten sie, besonders Annibale und A gostino, eine Ge-
schicklichkeitvder Nachahmung, welche jedoch von der NachiilTerei der
IManieristen dadurch rühmlich verschieden war, dass sie grusse Mu-
ster zu erreichen, nicht zu überbieten trachteten. Sie. ehrten beson-
ders Tizian und Coreggio, soweit sie diese Meister durch Ver-
stand begreifen konnten, und waren in Nachahmung dieser soweit
glücklich, als hierzu Kunstfertigkeit und Studium ausreichend ist,
Da sie nun das leisteten, was man brauchte und was eine genuss-
süchlige, nicht eigene Tiefe vnraussetjgende Kunstliebhaberei forderte,
jedoch ihre Zeitgenossen und nächsten Vorgänger übertrafen, auch
nicht lange auf bestellte Arbeiten warten liessen, weil es ihnen
rasch von der Hand ging, so mussten sie sich Beifall erwerben,
Dies zog ihnen allerdings unter den Künstlern Feinde zu, die sie
durch ihr gehässige und rohes Betragen nur noch mehr erbitterten.
S0 hatten denn die CaraccPs einen guten Einfluss einerseits auf die
Kunst in Italien, indem sie ein strengeren Studium aller technischen