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III
Ueber
Styl
und
Manier.
nannten es oben die Macht der Idee über dem Künstler
oder Erfüllung der Foderungen des derben Kunststoiies; oder
leichtfassliche, dem Sinne wohlgefällige Vertheilung und Anord-
nung des derben Stoffes, also fester Körper bei Architekten
und Bildhauern, Farbe und Helldunkels bei Malern; oder schöne
Anordnung den allgemeinen, billige Berücksichtigung, ge-
wandte Beseitigung der Ansprüche des Stolies, in welchem man
gerade sich ausdrücken will, den öesonclern (malerischen oder
bildnerischen) Styl. S. Forschungen Th. 3. S. 18. Hiemit aber
ist, aus übrigens gerechtem Widerwillen gegen das falsche und
hohle Ideale, oder das Nebeln und Schwebeln in der Kunst, der
Styl doch mehr als billig auf die blosse Technik und ein Ge-
gebenes, Ueberliefertes beschränkt, wobei jedoch wieder theils
Begriff und Maxime derselben allzuweit zurückgestellt, theils die
der Malerei und der Plastik eigenbehörigen Gesetze, die der
Optik, oder des I-lelldunkels und der Fernung, und die des
Raumes, oder der Symmetrie und des Gleichgewichts, zu sehr
vermengt werden, theils endlich das Subjective und Eigenthüm-
liehe des Künstlers in seinem Verhültniss zu dem Gegenstands
und der Idee zu wenig berücksichtigt wird, da doch auch die
Entwickelung des Styls durch staatsthümliche und individuelle
Momente bedingt ist, obwol sein Ursprung und seine Wesen-
heit in den tiefsten heiligen Abgründen der Menschcnseele ver.
hüllt sind. Wa das Erste anlangt, so sind auch wir weit
davon entfernt, das Technische, als Erfüllung und Wirklich-
keit des Geistigen durch Gewältigung des widerstrebenden Stof-
fes, vom Geistigen trennen und beide auseinander halten zu
wollen; aber nur auch ihre gegenseitigen Rechte und die Selb-
ständigkeit in ihrer Bewegung und Entwickelung sollen als be-
stimmt und unterschieden anerkannt werden. Dass dies aber
nothwendig sei, beweiset schon die besondere bis zur Einsei-
tigkeit und Willkür getriebene Ausbildung der Technik auf
Kosten des Geistigen, wie solche die Geschichte in Zeiten des
Verfalls, und andrerseits die technische Unbeholfenheit und
Beschränktheit, wie sie im Beginne der Kunst sich kund giebt.
Denn auch jene Bedingtwerden durch den Stoff ist nur ein
Entwickelungsmoment des sich aus seiner Unmittelbarkeit in die
Erscheinung, in die Bestimmtheit und Wirklichkeit heraussetzeu-
den Geistes, in welchem Momente er aufgehoben und zurück-