Ueber
Styl
und
Manier.
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ein Plato ( im Timäus) nach Maaslehre der zeitlichen und
räumlichen Dinge den Geist und die Weltseele selbst muss, nur
dort stand zu erwarten, dass bildende und redende Kunst ei-
nen Kanon, einen Typus befolgten, dessen tiefsinnige, scharfe
Messungen aller Formen und ihrer Verhältnisse in der plasti-
schen Kunst wir bewundern, in der Poesie aber eines Sopho-
kles, die Blüthen und Früchte zugleich trug, auch nurvzu ahn-
den schon uns glücklich preisen müssen. Denn so ist, kraft
des Bewusstseyns der Einheit von Wissenschaft und Kunst, Phi-
losophie und Poesie, der Bau seiner Dramen ächt mimisch und
llreigliedrig, durch Protagonisten, Deuteragonisten bis zu dem
von ihm eingeführten 'l'ritagonisten (als dem in der Poesie
gegenbildlicben Vertreter des Höchsten, Gleichen, Gestaltlosen,
der Idee, in der Philosophie als Dialektik, wo Alles aus sei-
nem sichtbaren Gegentheile, aus! seinem Entgegengesetzten ent.
steht, wie dies im platonischen Phädon, besonders S. 79..
82 84. 96. ff. ausgeführt wird , und noch Diogenes
Laertios, gleichsam wie nach Ueberlieferung, die griechische
Tragödie und die griechische Philosophie vergleicht); so sind
der Steif, oder die Handlung, und seine Träger, die Perso-
nen, in- sich vergliedert und gegen einander abgewogen, Cha.
raktere der Handelnden und Empiindungeu ins Gleichgewicht
gesetzt, dass hier abermals die Identität der Seele und des
Universum sich als Innerstes und Höchstes und eine nothwen-
dige, ewige Form desselben erweiset, zu welchen alles hinstrebt,
und wodurch es vermittelt wird. Ein so festes und gediegenes
Gepräg verdient nun allerdings vorzugweise den Namen Styl,
und die Abweichungen davon, oder seine Entstellungen, wie
sie Aristophanes an Euripides, oder seiner Schule, zum 'I'heiI
in den Fröschen rügt, sind Manier. Man könnte darum sagen,
Styl und Manier verhalten sich zu einander wie Sitte und
Gesetz.
Eine solche überelnkömmlich ivor- und musterbi-ldliche
Beobachtung und Befolgung des Wesentlichen, Zweckmässigen
und Wohlgefälligen durch das gesamte Gebiet der wahren
Kunst im Auge, und mit seltener Anschaukraft festhaltend,
nannte der tiefe Kunstforscher und Kenner Rumohr Styl ein
zur Gewohnheit gediehenes Sichfügen in "die innern Fodenln-
gen des Stoffs, "worein Bildner und Maler sich fügen - wir
m. na. Z