Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Dritter Band)

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Ueber 
Sryl 
und 
Manier. 
und Menschlichen, oder Ewigen und Zeitlichen, sich oiTenbar-e. 
WVas die letztere Beziehung anlangt, so erreichen alle Künste 
durch die mannichfaltigsten"Schwingungen der Zeit ihren Gi- 
pfelpunct, der, obwol und weil, noch immer ein bedingter und 
eigenthümlicher, doch als solcher sich aus- und abprägt, von 
welchem es dann abwärts, aber: auch zurück in den Grund der 
Schönheit geht. S0 geht es im Allgemeinen von Strenge, Herb- 
heit und Kraft zur Anmuth und zum Schönen aufwärts, von 
da zu Gesuchtheit und Manier abwärtsfiindem an die Stelle be- 
sonnener Begeisterung und Wirksamkeit aus und zu einem 
Ganzen die Reflexion und das absichtsvolle Machen tritt (eine 
Treibhauskunst in seiner Vollständigkeit), auf eine vielseitige 
Ansicht und Auffassung der umgebenden Welt eine Einseitig- 
keit des Gefühls oder Verstandes folgt. Dies Gesagte nament- 
lich auf italische Malerei beziehend wird wol jeder an der 
giunta  cimabuischen, raffaelischen und! nachraf- 
faelischen, oder caraccischen Periode bewährt und belegt 
finden, wie manche Glanz- und Schlaglichter auch jede dersel- 
ben noch innerhalb ihres Bereiches biete, welche näher zu 
bestimmen und genau anzugeben Aufgabe der Kunstgeschicht- 
schrciber ist. Denn, wie allem Geschöpf, so ist auch dem 
Zeitgeschöpfe der Kunst (dem daseienden Schönen). seine 
Idee, sein Gesetz eingeboren und eingepflanzt, nach welchen 
es seine Sphäre mehr oder minder bewusst durchwandelt 
und auslebt, jenes Urbild und Gesetz mehr oder minder an- 
schaulich versinnlichend und vergegenstänrligend. Wie unfehl- 
bar sicher ahndend, weit mehr wol, als uns kund geworden, 
ergründend und erkennend, hier die griechischen Künstler, die 
bildenden wie die redenden, gewandelt und gewaltet, dies 
möchte wol eine tiefere Untersuchung fodern, als die bisheri- 
gen, und freilich eine höchst lehrreiche und fördernde zwar, 
aber auch eine desto schwierigere, je iibereinstimmiger und 
minder vereinzelt, vielmehr innigst verweht und verschmolzen 
das Seyn und Handeln, das Nothwendige und das Freie in die- 
scn Glücklichen war. Denn nur wo der Glaube an die Ein- 
heit des Physischen und Geistigen, oder Rüumlichen und Zeit- 
lichen, so unwandelbar fest war, dass Beide nur für einander 
ergänzend und in einander übersetzbar galten, dass ein Pytha- 
goras Zahl undpFqrmel, Linie und Figur als Wissen erkannte,
	        
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