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Oberitalien.
Fünftes Buch.
Die genueser Schule.
Die unter dieser Sehaar am meisten genannten sind die
Söhne dreier sehr berühmten Künstler: Andrea Carlone,
Paolgirclamo Piola und Domcnico Parodi. Der Er-
ste war Sohn Giamhatistzfs, aus dessen, dem römischen
und venediger Styl er einen neuen gemischten schuf, der,
wenn ich nicht irre, in Oelgemiilrlen besser gefüllt, als in
bVandbilrlern. Er malte viel in Perugia und den benachbarten
Städten, gar fern von der Vollendung und Anmuth des Va-
ters, minder glücklich auch, als er, in der Composition, den-
noch aber frei, entschlossen, lebhaft, wie die Venediger, be-
senders in einigen Lebensereignissen des heiligen Felicianus,
die er in seinerKirche zu Foligno malte. Als er nach Rom
zurückkam, verbesserte er seinen Styl noch mehr, und was
er von dieser Zeit an lieferte, ist sein Bestes. Dahin gehören
einige Scenen aus dem Leben des heiligen Xaverius in der
Jesuitenkirche zu Rom, und viele (lichterische Darstellungen
in Genua in den Palästen Brignole, Saluzzo, Durazzo. Die-
ser Maler kann der Vorsicht mahnen, Künstler nicht eher
zu beurtheilen, als bis man ihre bessern Arbeiten kennen
gelernt hat. Denn wer Car l on e nach seinem Bilde in
der Jesuitenkirchezu Perugia beurtheilen wollte, würde sich
nicht überzeugen, dass er in Genua so schöne, nach Ratti
unter die denkwürdigsten zu rechnende Arbeiten geliefert ha-
ben könne. Sein Bruder, man kann auch sagen Schüler, N ic-
colö, "ist der Schwache in der Familie; nicht eben weil es
ihm an hinliinglicher Kenntnis fehlt, sondern nur weil er nicht
weiter geht.
Piola, von Domenico erzeugt, ist, wie ich anderswo
andcutete, einer der gebildetsten und ileissigsten Maler dieer
Schule; ein wahrer Marattist in dem Verfahren, hinsicht-
lich seiner vorgängigemStudien zu jeder Arbeit, welche er
nachher gemächlich ausführte; nicht aber so hinsichtlich der
Nachahmung. Hierin scheint er sich mehr die C ara cci
zu Mustern genommen zu haben, die er in Rom viel copirt
hatte; davon sieht man Spuren in seinem schönen Bilde Do-
minicus und lgnatius in der Kirche zu Carignano, und al-
lenthalben, Wo er einen Pinsel angesetzt. Bekanntlich schalt
der Vater ihn wegenseiner Langsamkeit; er aber liess ihn re-
den, immer bedacht, wühlsamer, grossartiger, ziirter und wah-