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Oberitalien.
F ühfles Buch.
Die genueser Schule.
bare Schwester zu unterstützen, nachdem erstere gestorben und
letztere verheirathet war, nicht wieder zu den Kapuzinern zu-
rückkehren wollte, nachmals aber dazu gezwungen und mit
dreijährigem Gefiingniss bestraft, dennoch entsprang und nach
Venedig floh, wo er in Weltpriestertracht bis an seinen Tod
blieb, Grosse Wandgemälde von ihm kann man ausser Ge-
nua nicht kennen lernen, wo er in mehrern Patricierhüusern
malte und in S. Domenico das grosse Paradies darstellte, welches
von allen, die ich gesehen, das bestgedaehte ist. In Novi
"und Voltri sind auch mehrere Altarbilder; vor allen bewun-
dert man in einem Saale des königlichen Palastes zu Genua
eine Madonna. Auch in Venedig hat man Bilder von ihm;
dort wurde Strozzi, ein Rundbild aus der besten Zeit der
venediger Schule in der lllarcusbibliothek zu ergänzen, allen
vorgezogen und stellte die Bildhauerei dar.
Jedoch arbeitete er wenig für die Stadt. Wer Wunder
von ihm sehen will, beschane seine Bilder in wohl bewahrten
Sammlungen, wie den heil. Thomas, der das Wundmal sucht,
im Palaste Brignole. ln einem Zimmer trelilicher Coloristen
aufgestellt, schlägt er alle mit dem wahrhaft meisterlichen, vol-
len, kräftigen, natürlichen und höchst harmonischen Pinsel.
Seine Zeichnung ist nicht sonderlich genau, noch hinlänglich
gewählt; man sieht darin einen Naturalisten, der weder S0 rr i,
noch einem andern Kundigen folgt, sondern wie jener Alte bei
der Menge in die Lehre geht. Iln männlichen Köpfen ist er
ganz Kraft und Kraftfiille, in heiligen ganz Andacht. In
weiblichen und Jiinglingsgesichtern hat er weniger Löbliehes;
ich habe Madonnen "und Engel von gemeinen und oft wieder-
holten Formen von ihm gesehen. An Bildnismalen gewöhnt,
schöpfte er auch in seinenlDiehtnngen alles aus der Wirklich-
keit, und oft malte er, wie Caravaggio, nur halbe Figu-
ren. So hat die llorenzer Gallerie einen sogenannten Cristo
della moneta mit sehr lebhaften halben Figuren. Er wird für
den lebendigsten Pinsel seiner Schule gehalten, und an kräf-
tigem Auftrag, Saftfülle und Kräftigkeit der Tinten hat er in
den übrigen wenig Naeheiferer, oder ist vielmehr in diesem Ge-
schmack des Farbenvortrags ureigenthümlich und beispiellos.
Seine Gebeine ruhen in S. Fosca zu Venedig mit der Lobinl-
schrift: Bernurdus Strozzius piclorum splendor, Ligurizte