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Oberitalien.
Fünftes Buch.
Die genueser Schule.
kleinern SchiEe stellte der Zweite dar S. Paul, der der Menge
predigt; S. Jakob, der Neubekehrte tauft; Simon und Judas
in Persiens Hauptstadt; und in dem Schiff gegenüber drei Be-
gebenheiten aus dem A. T.: Moses, der Wasser aus dem Fel-
sen schlägt; die Israeliten, die über den Jordan gehen; Joseph,
der von hohem Throne seinen Brüdern Gehör giebt. All' diese
Gegenstände scheinen gewählt, und können allerdings eine bil-
derreiche, und soviel Bilder mit fast unzählbaren Figuren in
so weitem Raume zu bereichern bereitwillige Phantasie in Schwung
setzen. Nicht leicht wird man aber auch ein Werk von solchem
Umfange mit soviel Liebe und Fleiss ausgeführt, so gedan-
kenreiehe und neue Zusammenstellung, so mannichfaltige und
beseelte Köpfe, so entschieden umrissene und von ihrem Grunde
sich ablösende Gestalten, so liebliche, leuchtende, nach so viel
Jahren noch so frische Farben finden. Da ist ein vielleicht
etwas zu häufiges Roth, wie Purpur, ein Blau wie Sapphir,
ein Grün besonders, das den Künstlern ein Wunder dünkt und
dem Smaragd gleicht. Der leuchtende Glanz dieser Farben er-
inncrt bald an Glas-, bald an Schmelzmalerei, und ich habe
an andern italischen Malern eine so neue, reizende und schmeich-
lerische Kunst des Colorits nicht gesehen. Manchen zwar, wel-
che diese Tinten mit denen des Raffael, Coreggio, An-
drea del Sarto verglichen, dünkten sie an das Harte zu
gränzen; wer kann aber auch in Sachen des Geschmacks, wo
es so viele Wege zu gefallen, so viele Abstufungen des Künst-
lcrverdienstes giebt, Alle befriedigen? Die Aehnlichkeit des
Styls vermag minder Einsichtige, es ganz für Eines Meisters
Werk zu halten; doch erkennen feinere Beurtheiler Gio. Ba.
tist.a an einem ansgesuchtern Geschmack der Tinten und des
Helldunkels, und an grossartigerer Zeichnung. Man hat sich
auch bemüht, sein Verfahren bei den Tinten näher zu erfor-
schen, und gefunden, „das er sie auf trockenen Grund auf-
trug, wenn er Wände und Zimmer-decken malte, nachdem er
darunter einen Tintenüberzug gelegt hatte, der sie vor Kalk
schützte. Sie waren mit höchst zarten Pinselzügen und wun-
derbarer Gleichförmigkeit aufgetragen; daher seine Kalkma-
lereien wie Oelgemälde aussehen." Dies Lob ertheilt ihm Ratti
und sein Meister Mengs urtheilt ziemlich ebenso.
Ich habe von diesen Künstlern nur die Arbeit del Gua-