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Oberitaliel,
Viertes Buch.
Die ferrarer Schule.
er die Leinwand, die nun das Qemälde mit hinweg nahm, ge.
schickt von der Mauer ab, breitete sie auf ein glattes Brett,
legte nun eine andere mit einer noch zähem Zusammensetzung,
als die frühere, gelirniste Leinwand darauf. Jetzt legte "er
einen Haufen Sand auf die Arbeit, der in jedem Puncte sie
gleich bedrückte; nach einer Woche sah er nach beiden Lein.
wvandstücken, löste das erste mit warmem Wasser ab und nun
blieb auf der zweiten das ganze von der Mauer abgenommene
Gemälde, Er machte mehrere Proben damit in mehrern Hün-
sern zu Cremona, für Baruffaldi in Ferrara, in Mantua
für den Fürsten von Harmstadt, den Befehlshaber der Stadt,
der auf diese Weise dem Kaiser einige Köpfe oder andere {Ar-
beiten des Giulio Romano senden konnte, die aus jenem
herzoglichen Palast abgenommen waren 4]. Contri hielt sein
Harz immer geheim; aber um jene Zeit wurden ähnliche Ver-
suche auch auswärts gemacht. lm Tagblatt von Trevoux wird
erzählt, dass Ludwig XV. sden so berühmten heil. Michael
RaffaePs von der alten Leinwand auf neue übertragen liess
und das Unternehmen vortrefflich gelang, indem auf dem zwei-
ten Bilde auch die Schrunden verschwanden, welche das erste
verderht hatten 5). Dieser Kunde wegen habe ich doch Be-
4) Die Versuche, Malereien von der Wand abzunehmen, sind sehr
nlt. Behauptet man doch sogar, dass man in Pompeji Spuren von
aus der WVand genommenen Bildern finde. lndess war dies leicht,
weil einige der vorzüglicbsten Bilder auf eine Art Scagliolatafelrx ge-
malt und in die Wände eingesetzt waren, König Frgnz von Frank-
reich wollte das Abendmhnl des L. da Vinci aus der Wand sägen
lassen und nach Paris schaffen. Niemand wollte aber diese Arbeit
unternehmen und er musste sich mit einer Copie begnügen, welche
um 1517 von S. Gernnandgefertigt wurde. S. de! Cenacnlo lli
Leonardo du Vincz" (H Giuseppe Bassi. P. 139. Wäre die Er-
findung, Idrescobildev von der Wand abzunehmen, leicht ausführbar,
so hätten die Franzosen sie in neuerer Zeit gewiss in Anwendung ge-
bracht. Zwnr hat man schon mit einigen Bildern Versuche angestellt, wie
z. B. mit der Kreuzabnahme von D. da Volterrs, aus der Kirche
S. Trinitä in Rom, und Gemälden des Luini, welche sich jetzt in
der msiländer Gsllerie befinden, allein man wählte Bilder, welche
ohnehin durch den Zustand der Gebäude gefährdet waren und die
Malereien litten immer sehr darunter, Bilder von Hulz abzunehmen
und auf Leinwand zu ziehn ist jetzt eine bekannte Sache. Doch
setzt es voraus, dass es Oelgemälde sind. Q.
5) S. Requeüa Saggi de! ristabilinzenlo de1l' antica arte de'
greci e de' ramani pillari p. 158. ed. Venez. L.