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Oberitalien.
Viertes Buch.
Die ferrarer Schule.
besonders in einem Bacchanal bei Albani Tizian's, im
starken Auftrag Dossi's und Carpi's ebensowol, als in
dem brennenden Gelb, dem tiefen Roth, der lebhaften Farbe
der Wolken selbst und der Luft. Was ihn sehr vor Vielen
auszeichnet, sind gewisse annruthige Gesichter, die er zu
einer gewissen Zeit von seinen zwei Töchtern abnahm; ein
leichter Duft, der die Gegenstände verchmelzt, aber nicht ver-
dunkelt, und die behende Zeichnung, die fast an das Trockne
gränzt, vielleicht im Gegensatz zu Bastiano Filippi, den
man oft wegen Sehwerfälligkeit tadelte.
lppolito's Schule lieferte, nach Baruffaldi, keinen
verdienstvollern Zögling, als Camillo R-icci, einen Jüng-
ling, von welchem Scarsellino sagte, er würde ihn an
Ruhm übertreffen und, wäre er später geboren, hätte er ihn
zu seinem Meister gewählt. Nachdem er sein Schüler gewesen,
nahm er ihn zu seinem Mitarbeiter und unterwies ihn so in
seiner Manier, dass die geübtesten Kenner ihn kaum von IP-
p dlito unterscheiden können. Zart und reizend ist sein Styl,
wie der des Meisters beinah; der Farbenauftrag noch ruhi-
ger und gleichmüssiger; und was ihn noch mehr unterscheidet,
ist ein minder freier Pinsel und minder natürliche, klein-
liehere Falten. Mehr als irgendwo zeigt sieh sein fruchtbarer
Geist in der Kirche S. Niccolo, deren Decke 84 Felder hat,
fast alle von Camillrfs Hand und mehrere Ereignisse aus
des Bischofs Leben. Schön und o, dass man sie dem Scar-
sellino zuschreiben könnte, ist seine heil. Margarethe in
der Kathedrale. Die kleinern Gemälde muss man mehr als
irgendwo im Hause Trotti suchen, welches reich daran ist;
auch sein Bildniss in Lebensgrösse ist dort in Gestalt eines
schönen nackten Genius, der mit Farbentafel und Pinseln in
der Hand sitzt, umgeben mit Musikalien, Bildhauerj und
Baumeistergeriithe; Künste, welchen er ergeben war. Unter
Ippolitfs Schüler zählt Barotti auch Lana, zu Codi-
goro im Ferrarischen geboren; darum aber nehme ich ihu
nicht. seinem Modena, wo er blühte. Bei Cittarlella findet
man auch Ercole Sarti, genannt il Mute di Fiearolo,
einem Landstrich im Ferrarischen. Dieser, (lnrch Winke und
Andeutungen unterrichtet, lieferte in seinem Geburtsort und
alle Quadrella im Mantuanischen einige Gemälde, die im Style