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Oberitalien.
Viertes Buch.
Die ferrarer Schule.
wenn dies untergehen sollte, für Ersatz halten. Auch seine
heil. Helena daselbst, von sanfterem Charakter, der Benve-
nuto eigener und gewöhnlicher ist, wird bewundert. ln der
That sind auch seine etwas saftiger gemalten Madonnen, Jung-
frauen und Kinder zuweilen für raffaelisch gehalten worden,
Das Bild der Fürsten Corsini hat, wie Bottari sagt, selbst
Kenner getäuscht; das könnten auch wol das des Herzogs von
Modena und mehrere andere hier und da in den Sammlungen
Roms, wo viele grosse Bilder von ihm vorhanden sind, beson-
dcrs im Palast Chigi 6). Diese muss betrachten, wer Gare-
fßlß kennen lernen will. Seine kleinen evangelischen Ge-
schichten, die in Cabinets so häufig sind der Fürst Borghesi
hat deren gegen vierzig wiewol sie eine Nelke haben, wel-
ehe sein Zeichen war 7) möchten wol nur zur Erholung ge-
malt seyn 8). Die ohne Zeichen sind oft PanellPs Werk,
der mit ihm arbeitete; oft Abbilder oder Wiederholungen sei-
ner Schüler, deren in so vielen Jahren auch viele seyn musstem
Baruffaldi rechnet dazu Gio. Francesco Dianti, von
welchem er in der Madonnina ein Altarbild in Garofole";
Manier, und ebendaselbst das Grabmal mit seinem Tndesjahr
1576 anführt. Batista Griffi und Bernardin Flori,
die bloss durch eine alte Urkunde von 1520 bekannt sind, sind
offenbar nur mittelmässig; und dasselbe bemerkt Vasari von
allen übrigen dieser Schule. Nur einen dritten in derselben
6) Dort erinnere ich mich lceinenBilder diees Meisters. Q.
1) Garofolo malte sehr viele Bilder, ohne die Nelke darauf an-
zubringen. Dahingegen findet man eine sitzende Madonna in den
meisten Galerien, wozu Rnffael das Ilrbild gab, welches Camuc-
eini in Rom laesass , auf welchem ein Strauss vun Nelken angebracht
ist und dennoch hat Garofolo vielleicht nicht eines dieser Bilder
gemalt. Die Nelke kann also nicht als Zeichen dieses Meisters an-
genommen werden, wenn auch Garofolo deutsch Nelke heisst.
Q.
S) Noch ein lileisterwerk des Garofolo, welches Vgrjnalg in
Ferrara war, wo es Papst Paul lll. bewunderte, und sich jetzt in
Dresden heiindet, ist der Triumphzug des Bacchus , welchen dieser
Künstler in seinem Gästen Jßhre und nachdem er ein Auge verloren
hatte, mit der Lebendigkeit eines Jünglings und der Festigkeit eines
Mannes uusfühne. Es befand sich dieses Gemälde liebst einem an-
dern, die Verliiumdung vorstellend, wie sie Apelles dargestellt bu-
ben soll, über zwei Caminen im Schloss zu Ferrara. Haffnel m11
die Zeichnungen zn diesen Gemälden gegeben haben, S. Garofu-
la's Leben bei Vasari. Tom. Vlll. pag. 331, Q,