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Oberitalien.
Viertes Buch.
Die ferrarer Schule.
ich schliesse, er sei einer der Künstler, die wir suchen. Ihm
könnte ich auch in diesen Jahren unter den Ferrarern keinen,
als B a l d a s a r e E s t e n s c, beifügen, von welchem
Baruffald_i etliche von ihm selbst unterzeichnete Gemälde an-
führt und einige Denkmünzen in Museen vorhanden sind; zwei
besonders giebt es, zu Ehren des Ercole d' Este, Herzogs von
Ferrara, 1472 meisterhaft geprägt.
Ich muss oft die Nachrichten über grosse Künstlerin meh-
rere Stellen verstreueiz, besonders wenn sie in andern Städten
arbeiteten und wieder in andern Schulenhüupter wurden. So
geht es mit Costa in Bezug auf Ferrara. Er zogw Schüler
für andere Schulen, wie einen Gio. Borghese aus Messina,
und einen Nicoluccio aus Calabrien, der, weil er argwöhnte,
Cota habe ihn als Zerrbild gemalt, ihn mit einem Dolch an-
Iiel und beinahe tüdtete. Ich schweige von vielen andern, welj
che ihm Orlandi, Bottari und Baruffaldi. zuschreiben;
irrig, wie ich bei der bologner Schule, als ich von Fran-
cia. sprach, bemerkte. Die Ferrarer sind sein wahrer Ruhm;
hier ist Costa das, was Bellini in Venedig, Francja in
Bologna, der Stifter einer grossen Schule, der Lehrer junger
Leute, die zum Theil mit den Besten des funfzehnten Jahrhun-
derts in die Schranken traten, zum Theil die Jahrbüchcr der
goldnen Zeit auszeichneten. Man wird ihre Folge übersehen,
welche mit diesem Zeitraume beginnend durch den folgenden
fortläuft und ihm unter Italiens Meistern eine der ersten Stel-
len verleiht. Alle seine Schüler wurden treilliche Zeichner und
wackere Coloristcn, und pflanzten beide Vorzüge auf ihre Nach-
kommen fort. lhre Tinten haben etwas Kräftiges, oder, wie
ein grosser Kenner sich ausdrückte, Feuriges und Entzündetes,
das sie oft in Sammlungen auszeichnet, und nicht sowol von
Costa, als andern Meistern herrührt.
Ercole Grandi, den Vasari in seinem Leben immer
Ercole da Ferrara nennt, war ein besserer Zeichner, als
sein Meister Costa und wird diesem von Vasari weit vorge-
zogen. So mochte wol auch das Publicum urtheilen, als er in
Bglggnll mit Costa arbeitete und vorzugsweise hiehin und da-
hin allein zu malen beschieden wurde. Aus Liebe zu seinem
Meister und Mistrauen zu sich selbst schlug er alle ihm ge-
machten Anerbietungcn aus, und wäre Costa, als er nach