188
Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
lich, wovon man bei Malvasia lieset; und die von Grilli
dabei gehaltene Standrede gehört in jede ausgesuchte Malerbi-
bliothek. Darin wird Gandolfi sehr verständig nicht als
ein naehahmungswürdiges Muster der Malerei aufgestellt er
selbst wagte dies nicht, sondern nahm, höchst bescheiden wie
er war, keine Schüler an, weil er, wie er zu sagen pflegte,
selbst noch lernen müsse. Gleichwol hat mancher, von seinem
grossen Namen geleitetiihm angchangen, und, wie es zu gehen
pflegt, glücklich sein minder Gutes, besonders seine Tinten,
nachgeahmt? Darin nun hatte er freilich kaum die ersten An-
fangsgründe von seinem filtern Bruder gelernt, nachher nach
den besten Quellen ein Jahr lang in Venedig sich gebildet und
im Auftrag eines venediger Kunstliebhabers die schönsten Ca-
racci in Bologna copirt. Ich kann nicht begreifen, wie er
in manchen Arbeiten, wenn nicht vortreillieh, doch wie die
guten Künstler seiner Zeit, die Farbe behandelt, in andern
aber, wie in einem Tode des Sokrates beim Bischof Trenta
von Foligno, so matt und unwahr; daran muss entweder das
Alter, oder die Laune, deren man ihn zeiht, Schuld haben.
Mehr des Nachahmens werth war er in den Vorarbeiten zu
Gemälden. Er warf die ersten Einfälle mit Bleistift auf Schie-
fer, sorgfältiger auf Papier hin; hierauf wählte er, bildete
die Figuren in Kreide vor und bekleidete sie; dann machte er
die Zeichnung im Grossen, und mit l-lülfe seiner Vorarbeiten
und des lebendigen Vorbildes führte er nun allmiilich aus und
besserte nach. Einige haben ihm vorgeworfen, er habe die
alten Muster allzusehr benützt; wer ihn aber schon alt sich in
der offenen Akademie nach dem Musterbilde üben sah, wird
ihn nicht ungerechterweise mit den Raubmalern, deren unsere
Zeit so viele hat, verwechseln. Unnachahmlich kann man ihn
ferner den gewöhnlichen Malern nennen in den Gaben, welche
die Natur ihm freigebig, vielen so karg, ertheilte: Begeisterung,
fruchtbare Phantasie, Reizbarkeit für Rührungen, Glück in
Darstellung derselben, sicheres Auge, fertige Hand, nrancher-
lei Fertigkeiten in schönen Verzierungen für die Anstalt aus-
ländische Pflanzen und andere Naturseltenheiten zu zeichnen
und zusammenzustellen, anmuthig zu; stechen und in Ocl wie
auf Kalk zu malen. Ein mensehenfreundlicher Geschichtschrei-
ber beurtheilt jeden und stellt ihn jedem in seinen Hauptwer-