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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
Algarotti seinen Versuch über die Jllalerci schreiben wollte,
las und nützte er sie, wie ich von Lazzarini hörte und der
Graf selbst aufrichtig in einem Briefe an ihn gestand, mit
welchem er seinen Versuch begleitete. Auch zeigte er, dass
er seinen Malerwerth schätzte, da er ihm zwei, nachher im
Verzeichnis aufgeführte Bilder für seine auserlesene Sammlung
auftrug: den zur Dictatur berufenen Cincinnatus und den
während der Einnahme von Syrakus in seine Forschungen
vertieften Archimedes. Beide wurden sehr gut ausgeführt; denn
Lazzarini malte eben so gut, als er schrieb, leicht und
doch durchaus überlegsaxn, angenehm und edel zugleich; er
wusste das Altcrthümliche in seinen Gemälden anzubringen,
aber ohne Ziererei und Pralsucht. Anfangs färbte er stärker,
wie eine Trauer um Christus im Siechhause zu Pesaro beweist,
die er, meines Erachtens, malte, nachdem er auf einer Maler-
reise die venediger und bologner Schule gesehen hatte. Nach-
mals nahm er eine gewisse, ich möchte sagen mehr marat-
tische Sanftheit an, welche Neider matt gefunden haben,
bViewol er lange lebte, hat er doch wenig gemalt; denn er
verwaltete sein Kirchenamt unermüdlich. Er hatte oft Gele-
genheit, Cabinetstiicke zu malen, und Madonnen gelangen ihm
ausnehmend; eine darunter, eine schmerzenreiche, für die
Sammlung Varani zu Ferrara war eine der ileissigsten. Sein
Geburtsort hat drei Bilder von ihm in der Magdalenenkirche,
drei in derjhtharinenkirche, andere in verschiedenen, gewöhn-
lich kleine. Besser kann man sein Talent aus einigen grös-
sern Bildern kennen lernen, die in den Hauptkirchen von
Osimo und Foligno sich befinden, in S. Agostino zu Ancona,
und aus zweien in S. Domenieo zu Fano. Das eine enthält
mehrere Ordensheilige um U. L. F., mannichfaltig und sonder-
lich anmuthig abgebildet, geordnet und gebärdet. Das andere
stellt den heil. Vincenz dar, der Angesichts des durch Glok--
kcnklang versammelten Volks mehrere Kranke heilt; in dem
ganzen grossen Haufen findet man nicht leicht ein dem andern
ähnliches, überflüssiges, oder minder glücklich und gehörig
ausdrucksvolles Gesicht. Die Arbeit, worin er, wie ich gehörte
habe, sich selbst übertroffen haben soll, ist in Gualdo, dem
Sprengel von Rimini, in der Capelle der Grafen Fantuzzi. Er
war "in Rom mehrere Jahre im Hause des Monsign. Gaetano,