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Oberitanlien.
Drittes Buch.
Die bologuär Schule.
Uehrigens musste er freilich wol einigen Anlass zu den Be-
schwerden über die Felsina und andere seiner Schriften durch
manche allerdings herbe Ausfälle geben, und durch andere wie-
der, die damals persönliche Gehiissigkeit schienen. Er schreibt
über diese achtbare Akademie Dinge, die sein verstorbener
Vater gesagt hatte, die wol besser mit ihm begraben worden,
wären. Er misbilligt die in seiner Schule eingeführten Ver-
fahrungsarten und beklagt, dass aus Mangel an guten Mei-
stern Bologna nicht, wie ehemals, von Lernenden besucht sei.
Uebrigens iverräth er manche kleine täuschende Kunstgriife,
welche man "sich erlaubt, z. B. im Arbeitzimmer viel zum Ma-
len vorgerichtete Bilder aufzustellen, woraus der Zuschauer
auf die ,Menge der Bestellungen schliessen solle; in einem
Athem viele anatomische Kunstbenennungen von Muskeln und
Knochen auszukramen, um sich den Schein tiefer-Gelehrsam-
keit zu geben; in Flugblättern Beschreibungen und Lobeserhe-
bungen eines Gemäldes zu geben, die der Künstler allein er-
sonnen, geschrieben, bezahlt, wahr befunden hat. Solche,
oder ähnliche Einzelheiten, bei welchen vielleicht dem Leser
einer oder der andere Künstler einfallen konnte, mussten viele
Zungen gegen ihn in-Bewegungsetzen, die er freilich wol
dem Publieum nicht verrathen, weil nicht genannt, aber doch
beleidigt und zur Rache gereizt hatte. Wenn der Schneider
auf den Tisch schlägt, wo die Schere unter dem Tuche ver-
borgen liegt, so klingt sie freilich, verriith sich und wird ge-
wissermassen an ihr gewohntes Amt, das Tuch zu schneiden,
erinnert 7). l
Unter Crespiis Schülern war Gionima, 'wie bereits
gesagt ward, ein Jüngling; der es nicht über 35 Jahre brachte.
7) C'est laut camme chez nrms muss hiebei Jeder denken, der die
Kunslmascliinerien, Akademien genannt, kennt. Solch kleinlich er-
bärmliches Einscbwärzen lumpiger Einzelheiten gleich lumpiger Per-
sönlichkeiten! statt Idee und Genius sich offenbaren zu lassen, in jeg-
liches Streben und Thnn des Menschen gewährt allerdings ein Schau-
spiel, vor dessen Ekelhaftigkeit nichts rettet, als Ironie und tiefste
Verachtung. Die beliebten Waixlspriichlein der Aftermenschliclikeit
von Leben und Lebenlassen, alles duldender Liebe u. s. w. müssen
sich mindestens bescheiden, nur einer leidendlichen Tugendlehre an-
zugehören; denn Leben ist um Ende doch Verneinung und, Begie-
gung des Todes, und Liebe Hass und Verabscheuung alles Gemeinen
und Geistlosen. W.