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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
würde. In dieem Style konnte er also minder vollendet seyn
und dennoch gefallen, da er ja so vieles hat, was ihn bewun-
dernswürdig macht, neue Eriindungen, wundersam überein-
stimmende, wenn nicht heitere Farben, sehr schöne Verkür-
zungen, Gegensätze der Figuren und Theile, welche, wie
Mengs bemerkt, dem geschmackvollen Style Neuerer zur
Richtschnur gedient lhaben 59).
Diesen seinen Styl brauchte er in sehr vielen Cabinet-
bildern für die farnesischen Herzöge sowol, in deren Palast
zu Rom er anfangs arbeitete, als für andere Herren; und
sehr gelobt werden dort sein Polyphem für das Haus Borghese,
und seine Bilder aus der heiligen Geschichte in S. Callisto.
Auch viel Bildtafeln hat man von ihm 3 ausgezeichnet verdienst-
lich ist der heil. Andrea Avellino in Rom mit grossartigem
Bauwerk; der todte Christus zu Foligno, mit dem ewigen Va-
ter, der trotz seiner Menschengestalt doch einen grossen Be-
griif des göttlichen Wesens giebt; der Uebergang U. L. F. in
Macerata; der heil, Rochus und Conrad in Piacenza; vielleicht
die vollendetsten und berühmtesten unter Lanfranctfs Bil-
dern. Vor allem aber wendete er diesen Styl in Kuppeln und
ähnlichen grossräumigen oder Rüstbildern nach Coreggiws
Vorgang an. In Parma hatte er als Jüngling ein dünnfarbiges
Modell jener Domkuppel gemacht, worin er den ganzen Styl
nachzubilden strehte, besonders, was das Schwerste ist, die
Anmuth der Bewegungen. Er ahmte ihn nach in Andrea della
Valle zu Rom, und befolgte in diesem Gemälde das Beispiel
Michelangelds in der Baukunst, der, da. er keine sehö-
nere Kuppel, als Brunellcs chi, machen konnte und eine
ähnliche nicht machen wollte, sie in einem andern Sinne und
doch treHlieh machte. Diese Arbeit macht Aufsehen in der
pi
59) In Lanfrancds Arbeiten zeigt sich schon wieder der Rück-
schritt der Kunst zu einem blos haudwexflislnässigell Streben, durch
Geschicklichkeit und leichte Mittel Wirkung und Aufnehn zu machen,
Daher die schroffen Gegensätze von Hell und Dunkel, dle aruppi-
fangen nach Schullehren, aber nicht wie die darzustellende Handlung
solche erfordert, die Verkürzungen ohne Noth, blos um ein Zeich-
nungskunststück zu machen, die nichtssagenden Gesichter. bei aller
Spannung der Ziige u. a. w. Selbst das Studium der Natur zeigt
sich in Lanfrancifs Bildern vernachlässigt und Caracufs Gründ-
lichkeit und Strenge fing an zu verschwinden. Q.