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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
Bibliothekar Magnani habe ich deren gesehen; gehaltenere und
vom besten Colorit im Palast Rotta. Selten findet man sie durch
das Steinöl, das er brauchte, nicht beschädigt; am meisten
sind es seine Kirehenbilder, wie eine Kreuzabnabme in S. Gior-
gio, weil diese am wenigsten bewahrt werden. Nach Simon's
Tode trat er als erster Jüngling in sein Lehramt und förderte
die vorgefundenen Schüler in der Kunst. G ir 0 l a m 0 R o s si
war mehr Steinschneider , als Maler. L o 1' en z o P a s i n e l l i
ward treillichcr Meister , aber in verschiedenem Style , wie
wir in einem andern Zeitraume sehen werden. Der beste Anhän-
ger Torreis war Giulio Cesare Milani, der in bologner
Kirchen nicht unbeliebt, in vielen umliegenden Gegenden be-
liebt war.
Doch wir müssen nun von Guido's Manier zu der des
Guercino übergehen; was hoffentlich den Lesern eben so ange-
nehm seyn wird, als Kunstfreunde diese beiden entgegengesetzten
Style einander gegenüber sehn. So ergötzl: es, um nur ein
Beispiel zu geben, in der Gallerie Spada von dem guidischen
Raub der Helena sich gegenüber zu Dido's Scheiterhaufen von
Guercino zu wenden 50).
Der Billigkeit nach gehörte wol Gio. Francesco Barbieri,
mit dem Zunamen Guercino da Cento"), eher unter die Maler
von Ferrara, in desen Bereich Cento liegt, als zu den bolognern ;
doch muss ich dem fast herkömmlichen Beispiel folgen und ihn
unter die Caraccisten stellen. Man hat dies gethan, entwe-
der wegen einer Sage, dass er als Kind einige Anweisung zum
Zeichnen von den Caracci erhalten, was freilich nicht recht
mit seinen Jahren stimmen will, oder weil er ein Bild von L0-
dovieo zu seinem Musterbilde nahm, was denn wiederum nicht
50) Die Gnllerie Spmla ist gänzlich aufgelöst und selbst der Palast
in Rqm an einen Engländer verkauft. Die Dido ist von R. Strange
gestochen. Das Bild ist sehr berühmt und bewundert worden, un-
ernchtet es ganz gedankenlos ist. Dido ersticht sich auf dem Schei-
terhaufen, und um sie her stehen Herren und Damen, als wenn
das Allergleiclngültigste eben Vorginge. Ja, ein junger Ritter sieht
ganz wnhlgemuth aus dem Bilde heraus, als erwartete er, dass man
ihn hübsch linden solle. Guercino scheint blos Portraittiguren zu-
sammengestellt zu haben. Q.
51) Goethe's Wincl-elnzann S. 215. 224. Dessen Itnl. Reise, in
den Werken, Bd. 27. S. 159 ff. W".