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Oberitalien.
Drittes Buch.
Die bologner Schule.
brauchte, ,die ein Wunder von Liebliehkeit ist, für den man-
tuaner und savojer Hof malen liess und daheim wie in Rom un-
terstützte, obwol nur der Erste ihm mit Dankbarkeit, der
Zweite mit Verfolgungen lohnte. Beide folgten seinem Style
und haben in auserlesenen Sammlungen ihre Stelle.
Semenza, Guidws Nacheiferer bald in der ersten, bald
in der zweiten Manier, war schulriehtiger, gebildeter, stärker,
und seine Gemälde in Araceli und anderswo zeichnen ihn gar
sehr vor dem Schwarm römischer Wandmaler aus. Dort sind
auch mehrere Altarbilder von ihm; kein schöneres aber wol,
als der heil. Sebastian zu S. Michele in Bologna. Gessi
übertraf ihn an Geist, Erfindung undeiner Behendigkeit, um
welche Guido selbst ihn beneidete. Anfangs diente ihm diese,
seine Arbeiten in mehrern Manieren vorzutragen, bis er die
beste fand; wie in dem herrlichen S. Franeesco in der Nun-
ziata, der den guidischen beinah gleichkommt, und in nicht
wenigen andern aus seiner ersten und besten Zeit, wodurch er
sich auch den Namen eines zweiten Guido erwarb. Er mis-
brauchte aber diese Fertigkeit später, wie es Leuten zu gehen
pflegt, welchen das viel und schnell arbeiten wenig Ehre
macht; und Bologna hat eine Menge Bilder von ihm, woran,
ausser einem schönen Charakter und grosser Zartheit, nichts
zu loben ist, kalte, fiaeh eolorirte Bilder mit Zügen, die oft
in das unverhältnismüssig Grosse umschlagen, nicht selten
ins Unrichtige. Man erkennt, dass er Reni's zweite Manier
immer nachäffte. Darum aber ist er auch fast immer matter,
als der Meister, trockner, magerer im Auftrag; und danach
werden oft Zwiste unter Bildertrödlern und Käufern entschie-
den, ob ein' solches Bild ein schwacher Guido, oder ein
Gessi sei.
G e s s i hatte in Bologna eine starke Schule , als G u i d o
nicht mehr lehrte; und bildete einigermassen berühmte Schüler,
wie Giaconxo Castellini, Francesco Coreggio, Giu-
lio T r o gl i 46), der sich unter Mit e l li auf Perspective
legte und ein Werk Paradossi della prospettiva herausgab;
wovon er nachher den Zunamen des P a r a d 0x e n bekam.
4-6) In Cicognarars Catalogo N0. 856.
Paradossz" nicht Trogli, sondern Troili.
heisst der
Verfasser
Q.
der