bis auf Cignani.
Die Caracci, ihre Zögl. u.Nachf.
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Ferner habe ich gefunden, dass er zu einer seiner Magdalenen
einen Farbcnreiber, einen ganz gemeinen Kopf, als Rlugfgr
brauchte; aber unter seinem Pinsel, der jeden Fehl verbeg-
serte, jeden Theil veranmuthigte, ward er ein Wunder. Eben
so verfuhr er mit dem Nackten, das er, wie es auch seyn mochte,
in seine vollendete Form herstellte, besonders in Händen und
Füssen , worin er ausgezeichnet ist; eben so mit den Gewändern,
die er oft aus Albrecht Dürer's Stichen nahm und, alle
Trockenheit verbannt, so fliegend und grossartig machte, als der
Gegenstand foderte. Selbst Bildnissen gab er, ohne die F ormeu
umzuwandeln, oder sie jugendlich zu malen, etwas Neues und
Anmuthiges, wie Sixtus V. zu Osimo im Palast Galli, oder dem
staunenssverthen Card. Spada, bei seinen Erben in Rom. Keine
Handlung, keine Stellung, keine Leidenschaft benimmt seinen
Gestalten ihren Werth; er giebt ihnen Schmerz, Trauer, Schi-ek-
ken, ohne ihrer Schönheit Eintrag zu thun; er wendet sie nach
allen Seiten, verwandelt sie in jeder Gebärde und nie gefallen sie
weniger; jeder könnte man, so zu sagen, das Lob ertheilen,
dass, was sie nur thut, wohin die Schrittesie lenkt, heimlich
die Schönheit "im- um giebt und folgt, nach TibulFs Aus-
druck 43).
Am meisten überrascht die Mannichfaltigkeit, welche er in
diese Schönheit legt, eine Frucht theils seiner höchst frucht-
baren Phantasie, theils seines Fieisses. Da er bis in seine letz-
ten Jahre in der Akademie zeichnete, so sann er immer etwas
Neues aus, sein Schönstes zu vermannicthfaltigen und dadurch
vor Uebersüttigung zu sichern. Er malte gern aufbliekende
Gesichter und sagte, er habe hundert ganz verschiedene Arten
und zeugend oder chalfend in
lebend und erschalfend erkennt.
der Idee ,
wie der
Philosoph
W.
darin
43) Das kommt eben daher, dass der Urquell des Schönen in ihm
lag, der lauter hervordrang, wenn er von aussen berührt wurde.
ln dem Genie liegt das Urbild des Schönen, welches zum Bewuggß-
seyn , durch die XValn-nehmung des specifischerl, nbjecliven Schönen,
geweckt wird und in das Werk des Genies übergeht, sich darin ver-
körpert. In dem Conlact der Aussenwelt , die wir Natur nennen, und
der innern Schöpfungskraft sprüht der Funke des Genies hervor. In
wem mm nicht; zu wecken ist, der wird vergebens Natur und Kunst
studiren, ohne zum Erkennen dessen, was schön ist, jemals zu gelan-
gen. Q.
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