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Oberitalien.
"Drittes Buch.
Die bologner Schule.
leben verdienten. Die Welt ist ein gerechter Richter; nur
gnügt es nicht, gerechte Sache zu haben, wenn nicht viele
Stimmen ihr es bewahrheiten. Der Schüchterne, eingezogene
Domenichino hatte wenig Schüler und nicht genug Anhang,
und musste der Menge, die ihn verfolgte, weichen, Aguc-
chi's Ausspruch bewährend, dass sein Werth nicht eher, als
nach seinem Tode, würde erkannt werden. Nachdem nun die
Parteien untergegangen sind, lässt ihm die unparteisame Nach-
welt Gerechtigkeit wiederfnhren, und jede königliche Samm-
lung beehrgeizt ihn. Seine Bilder mit Figuren werden sehr
geachtet und ungeheuer bezahlt. Selten sieht man sie, ausser
in Hauptstädten. Sein David im Collegio zu Fano ist für
alleFremde, die Kunstgeschmaek haben, ein Gegenstand der
Neugier; es ist eine Figur in Lebensgrösse, die allein eines
Künstlers Namen verewigen könnte. Ein kleines, aber un-
schätzbares Bild ist der heil. Franz des weiland Grafen Jacopo
Zambeccari in Bologna; der Heilige betet und aus den sich
röthenrlen heissen Augen scheint das in Thränen aufgelöste
Herz herabzutraufen. ZWßl besonders schön gedachte Werke
von ihm sah ich in Genua: Venus, Adonis Tod beweinend, in
der Galleric Durazzo; und in Brignole Sälen den heil. Rochus,
der um das Ende der Pest betet. Die Gebiirdung des Heili-
gen, der Eifer Einiger, die zu ihm ihre Zuflucht nehmen, die
tragische Darstellung der auf der Erde hingestreckten Todten,
eines Anilern, der beerdigt wird, einer schon todten Mutter, an
welcher noch ein unschuldiges Kind saugen will, erschüttern
die Seele in diesem Bilde, wie beim Anblicke "wirklicher Dinge.
Unter Domenichinoüs weltlichen Gemälden ist das berühm-
teste die Dianenjagd im Palast Borghesi 31,1, voller bellen-
der Nymphen und heiterer Ereignisse. In derselben und in
der florenzer Gemiildcsammlung ist eine kleine Landschaft,
in nicht wenigen sind auch einige Bildnisse von ihm. Auch
in diesen Gegenständen ist er treiilich und sie sind am leich-
testen zu bekommen. Von andern seiner und seiner bessern
Schüler Arbeiten ist hinlänglich bei der römischen und neaplcr
Schule gesprochen worden. Dem Vaterland erzog 'er Gio. Ba-
tista Ruggieri, und zu seinen vielen Unfällen kann man
Schön gestochen
V0 ll
Raff. Morghen.