Die Caracci, ihre Zögl. u. Nachf. bis auf Cignani.
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selbst in Laster verkehrten, theils auch eines geringfügigen
Mangels. In Erfindung war Dom-enichino minder gross,
als in den übrigen Theilen der Malerei. Dies beweiset sein
Rosenkranz in Bologna 29), der damals nicht ganz verstanden
wurde, noch es jetzt wird; und man weiss, dass selbst seinen
Freunden der Gedanke nicht gefiel, ja er selbst ihn bereute.
Da er sich also hierin mistraute, so entlehnte er oft von an-
dern; er ahmte Agostino nach im heil. Hieronymus; im Al-
mosen der heil. Cäcilia den heil. Rochus Annibale's; so
brauchte er auch anderwärts die Gedanken selbst minder be-
rühmter Künstler, und pflegte zu sagen, er finde in jedem Ge-
mälde etwas Gutes, so wie man, nach Plinius, aus jedem
Buche irgend eine nützliche Kunde entnimmt. Solche Nachah-
mungen gaben seinen Nebenbuhlern Anlass, ihn als einen Men-
schen unfruchtbarer Phantaie zu verschreien; ja, als der heil.
Hieronymus Agostino's gestochen ward, verbreiteten sie Ab-
drücke, um Zampieri als Dieb zu verrufen. Lanfranco,
der hauptsächlich diese Umtriebe leitete, stellte dagegen seine
stets neuen Erfindungen auf, und der Langsamkeit und Unent-
schlossenheit seines Nebenbuhlers setzte er seine Schnelligkeit
und Behendigkeit im Arbeiten entgegen. Hätte D0meni-
chino einen Anhang gehabt, wie er ihn verdiente, so hätte
er bald, wie die Caracci in Bologna, über seine Gegner
siegen und zeigen können, dass er zwar Nachahmer, aber nicht
knechtischer sei und dass, wenn seine Arbeiten später, als
die seiner Feinde, zu Tage kamen, sie doch auch länger zu
29) Pinacot. della P. Accad. di B0l., auch von G. Audran
trefflich gestochen. Dies Gemälde war vormals in der Kirche zu S.
Johann zu Bologna. . Q.
30) S. CrespPs Vertheidignng Domenichinws und Marsa-
riH, eines andern Nachahmers des agostinischen Bildes, in der
Cerlusa di Balugna p. 26. Auch Bellori verlheidigt ihn seines
langsamen Malen! wegen und führt lobend etliche Grundsätze von
ihm an, wie: eine Linie, die nicht früher vom Geiste, als von der
Hand gezogen werde, sei eines Maler unwürdig; Trefllichkeit bestehe
in wohl beendigten Werken; indem er Schüler auszuscheltexi pflegte,
welche Entwürfe zeichneten und in Pinselwiirfen colorirtexi, p. 213.
Noch eine Vertheidigung findet man bei Pas seri p. 4. wegen eini-
ger aus der farneser Gallerie entlehnter und in der (ieschißhle des
heil. Hieronymue in der Vorhalle des heil. Onufrius gebrauchter Fi-
guren; und p. 9. vertheidigt er ihn wegen des Ehltenstyls, der Einigen
ärmlich, Andern hart schien. L.