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uweller
Zeitraum.
Giorgioxxe,
Tizian,
'l'ini0retto
etc.
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Von diesem und seinem Helldunkel haben Viele, und Za-
netti, der es Jahre lang untersuchte, weitläufig gesprochen.
Aus diesem nehme ich einige Bemerkungen, mit dem Zusatz
jedoch, dass er sie grösstentheils den Wissbegierigen in Ti-
zians Werken selbst aufzufinden überlassen hat. In der That
sind auch seine Gemälde die besten Wegweiser zu einem guten
Colorit; aber gleich den classischen Schriftstellern, die vor jedem
gleich aufgeschlagen und erläutert liegen, jedoch nur dem Nach-
denkenden nützlich werden. Ich sprach von dem Leuchten der
venediger und besonders der Tizianichen Bilder, welche die
andern zu Yorbildern nahmen. Ich sagte, dies sei Ergebnis kla-
ren Farbenauftrags, wo Farbe immer wieder auf Farbe wie ein
durchsichtiger Schleier wirkt und die Tinten gleich angenehm,
wie leuchtend macht. Anders verfuhr er auch nicht mit den
stärksten Schatten, die er schlechthin auftrug und anlegtc, ver-
stärkte und, wo sie in Halbtinten übergehen, wärmer hielt. Die
Schatten brauchte er mit vieler Ueberlegung und beobachtete
dabei ein Verfahren, das nicht einen leidigen Naturalisten, son-
dern eine ideale Auffassung verrüth. Im Nackten besonders
mied er massenhafte tiefe Verschattungen und starke Schatten,
wiewol man sie zuweilen in der Natur iindet. Sie fördern die
Rundung und das Hervortreten, mindern aber die Zartheit des
Fleisches. Tizian nahm meistens ein hohes, scharfes Lieht
im, bearbeitete nun die breiteren Stellen mit manuichfaeh ab-
gestuften Halbtinten, hierauf gab er die übrigen Theile und
die Extremitäten dreist und kecker wol an, als in der Natur,
und so nahmen sich die Gegenstände gewissermassen lebendiger
aus und sprachen mehr an, als in der Wirklichkeit. S0 legte er
in Seinen Bildnissen die grösste Kraft in Auge, Nase und Mund;
die übrigen Theile liess er in einer so unentsehiedenen Sanft-
beit, dass Geist und Leben der Köpfe und Wirkung gewannen,
wm-dene um] Gewgchgene, Wer das Verküppelte, Sclnvächliche, oder
Ausgeai-tete darstellt, wie er es in einer wenig begünstigten Natur
voriindet, wie wol einige Niederländer und Deutsche thaten, degsgn
Werke sind, bei voranszusetzender Geschicklichkeit, natürlich, aber
nicht naturgemäss und dann nicht mit dem wahren Ideale überein-
stimmend, wie die naturgemiissen Merke eines Tizian. Dahingegexx
sind auch Mengsens Werke xiicht. ideal, weil sie blos ersonnen
sind und nicht mit dem Urbildlicheil übereinstimmen. Q,