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Oberitalien.
Venediger
Schule.
lobt, Ridolfifälschlich zu Palma's Schule zählt. Er zeich-
nete sich durch genaue Zeichnung, geschmackvolle Färbung,
und ileissigen Pinsel aus, wiewol er in den Umrissen nicht immer
weich, in den Gesichtern meist herb, zuweilen fast gemein ist.
Gleich das erste seiner bekannten Bilder in S. Niccolö zu Tre-
vigi vom Jahr 1505 lobt Ridolf i des Farbenvertriebs wegen;
dasselbe kann man von den drei Aposteln in der Johann-Pauls-
kirche und den übrigen wenigen öffentlich aufgestellten Bildern
sagen. In Privatsammlungen sieht man nicht selten halbe Fi-
guren auf Leinwand von ihm; und ich glaube, es giebt nichts
so Schönes und Giorgionisches, als jenes Urtheil über die
Ehebreeherin im Capitel des S. Giorgio Maggiore, wovon eine
Wiederholung, oder ein Abbild in der Sacristei des heil. Pan-
taleo und an mehrern Orten ist. Der zweite ist Paris Bor-
done, adlich an Abkunft, Geist und Kunst; kurze Zeit T i-
zians Schüler, nachher feuriger Nachtreter Giorgioneis,
endlich selbständiger Maler von einer Anmuth, die nur sich
selbst gleicht. Seine Bilder haben in der That ein so lachen-
des Colorit, dass es, weil es nicht wahrer als das Tizianische
seyn kann, doch mindestens manniehfaltiger und reizender als
dies seyn möchte; auch fehlt es ihnen nicht an feiner Zeich-
nung, seltsamer Bekleidung, lebhaften Köpfen und eigenthüm-
lich geschickter Composition. In der Hiobskirche malte er ei-
nen heil. Andreas am Kreuze, darüber einen Engel, der ihn als
Martyrer krönt; und statt die beiden Heiligen, worunter einer
Petrus ist, ihm zur Seite zu stellen, lässt er sie ihn ansehen
und gleichsam beneiden; eine neue und malerische Motive! S0
sind auch seine übrigen grösstentbeils für seine Vaterstadt und
die Umgebungen gemalten Bilder. Jede Aufgabe ist alt, aber
die Behandlung neu. So das wahre Paradies zu Ognissanti in
Trevigi, und im Dom der Stadt die evangelischen Geheimnisse
auf einer, vermuthlieh nach Bestellung, in sechs Gruppen ge-
theilten Bildtafel, wo er in kleinem Raume alles Anmuthige,
Gefällige, Schöne, das er in seinen übrigen Bildern zerstreut
hatte, wie im Inbegriff gegeben zu haben scheint. In Venedig
ist sein Bild, wo ein Fischer dem Doge den Ring wiedergiebt,
sehr berühmt; neben Gior gion ees oberwühntem Sturme macht
es einen wunderbaren Gegensatz von Lieblichkeit zum Schreck-
liehen. Es hat schöne Architektur und eine Menge thatferiiger,