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Dberitalien.
Venadiger
Schulcg.
Ueberall sind Bilder nach seinen Mustern ausgeführt, deren Ur-
heber streitig, nur soviel gewiss ist, dass er auf Bellinische
Weise erfindet, ob er gleich in der Zeichnung bald moderner,
bald alterthiimlicher ist. Und in der Thafwüsste ich in kei-
ner andern Schule soviel Jünger eines Schulenhauptes nachzu-
weisen, die ihm so dicht nachgetreten wären. Dies angenom-
men, kann ich nicht glauben, dass die vielen Bilder, besondel-g
Madonnen, die in den Sammlungen für seine Arbeit ausgegeben
werden, wirklich von Bellini sind. Ein umsiehtiger Beur-
theiler wird, wo viel Idealschönes vorherrscht, nicht leicht auf
Bellini erkennen, da dieser in weiblichen Gesichtern mei-
stens ein an dasStumpfnasige Grünzendcs wiederholte. Auch
fleissige und miniaturmässig feine Bilder wird er ihm nicht
leicht zuschreiben, da sein Pinsel ungebunden, frei und offen
war. Endlich sind ein gewisser satter und heiterer Farben-
Vortrag, ein in das Rosige ziehendes Roth der Kleider, ein
leuchtender Firnis nicht die gewohnten Kennzeichen seiner
Hand, wie viel auch sonst von einer Zeichnung durchscheinen
möge; bei dergleichen Werken darf man wenigstens vermuthen,
dass sie in Venedig von Malern gefertigt werden, die an die
Lombardei gränzten, woher auch Einige im venediger Gebiet
das Mechanische des Colorits lernten. ,
Es liegt meinem Zwecke nicht fern, den Betrachtungen
über die Maler in Leim- oder Oelfarben auch Einiges über ge-
ringere Gattungen von Malerei beizufügen, unter welche die
Täfelei gehört, welche besonders die Chöre, wo die Horen
gesungen werden, mit bunten Hölzern auslegte. Ob die Deut-
schen 49), oder welches andere Volk, diese Kunst erfunden ha-
ben, kann ich nicht sagen; manglaubt, sie sei aus Nachah-
mung der Mosaik und Stcinverbindung entstanden. Anfangs
Wurden nur weisse und schwarze Hölzer gebraucht, und nur
grosse Häuser, Tempel, Saulengänge, kurz Verzierungen und
141i,
49) Vom elften Jahrhundert an, oder um diese Zeit scheint in
Deutschland eine Kunst dieser Art in Aufnahme gewesen zu aeyh,
Der Möuch Theophilus in dem angef, W. de mnni scientia artis pin-
gmda" schreibt in der Vorrede: quidguid in fenostrarurlz varietala
prctiosa diligit Francia, guidguid in auri, argenti, cupri, ferri, hi-
gnarun: lapidumque subtilitate (so lieset die wiener Handschrift)
Sollers laudat Germania. L.