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Oberitalien.
Mailändische
Schule.
Carlo Francescounter den Malern, weil sie, wenn gleich
nicht Geistliche, doch eine kindliche Frömmigkeit gegen U. L.
F. hegten; eine Frömmigkeit, welche von den ersten Kirchen-
vätern herab aus Hand in Hand wie ein Pfand der Auser-
wählten gegangen ist.
Der jüngere Bruder ist ein Grossmaler von mehr Feuer
und Phantasie, aber nicht immer gleich wählsam, und gleich
frei von allzu starken Schatten. Er malte weit mehr als
Carlo, nicht blos für die obengenannten lombardischcn Städ-
te, sondern auch für das venediger Gebiet und mehrere Kir-
chen in Brescia. Seine Bilder in S. Domenico zu Cremona,
besonders daslgrosse auf Leinwand, der vom Heiligen erweckte
Todte, mit schönen Bauwerken verziert, voll lebendigen,
höchst natürlichen Ausdrucks, sind seine besten Arbeiten. Sie
mögen wol aus seinen jüngcrn kräftigen Jahren seyny; denn
andere verrathen das Alter, indem er bis in das achtzigste Jahr
malte, wo ihn der Tod fällte.
Mir ist nicht bekannt, oh er namhafte Schüler hinterlas-
sen. Von seinem Bruder Carlo ,Francesco ward Gio-
sefFo Zanata unterrichtet, nach OrlandPs Urtheil ein
gebildeter Maler. Unter ihm und hierauf unter den Venedi-
gern studirte Federigo Panza und malte kräftig und dreist,
in spätem Jahren sanfter. Der turiner Hof brauchte und be-
lohnte ihn. Dieselbe Schule besuchte Filippo Abbiati, ein
Mann von weitumfassenden Gaben, geboren für weitschichtige
Arbeiten, fruchtbar an Ideen, entschlossen in ihrer Ausführung.
Er malt mit einer gewissen Freiheit und, wie man es nennt,
Verachtung, weiche, wenn auch nicht vollendet, doch gefällt,
und noch mehr gefallen würde, wenn sie nur tiefer in Kunst
begründet wäre. Er malte an der grossen Decke in-S. Ales-
sandro Martire mit Federigo Bianchi und mit andern
tüchtigen Künstlern an andern Wandbildcrn, und überall drückte
er Spuren seines grossen Genius ein. Vorzüglich scheint er
sich in einer Predigt des Täufers in Sarono gefallen zu haben,
wo er seinen Namen beisetzte. Das Bild hat wenig, aber
schöne und wohl von einander unterschiedene Figuren, starke
Tinten und gehörig angebrachte Schlagschatten, welches eine
sehr schöne Wirkung thut. Sein Schüler, Pietro Maggi,
glich ihm nicht an Sinn und übertraf ihn an Eil, Gin-