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Oberitalien.
Mailändische
Schule.
mit zu seinem Ruhm, dass es seine grossen Künstler nach
Schaaren, nicht nach Zahlen rechnet.
Noch ist der berühmteste Nachahmer Vinei' zn erwäh-
nen, Bernardin Lovino, wie er sich schreibt, oder Lui-
ni, wie er gewöhnlich genannt wird, gebürtig aus Luino am
Lago Maggiore. Resta behauptet, er sei erst nach Vinci's
Abgangs: nach Mailand gekommen und habe bei Scotto ge-
lernt. Der Vf. der- Guida p. P20. zählt ihn unter Lionar-
ld0's Schüler, nnd der Zeit nach konnte er es, wenn ich
nicht irre, wol seyn. Denn wenn Gaudenzio, geboren
1484, "Schüler Scottws und zugleich Lovinoßs" war,
wie Lomazxzo Tratt. p. 421. sagt, so folgt, dass Ber-
nardino schon 1500 Meister war, als Vinci Mailand ver-
liess. Und um diese Zeit nun setzt Vasari Bernardino
da Lupino, der in Sarono die Vermählung und andere Er-
lebnisse der Jungfrau Maria so zart malte, wo er sagen sollte
da. Luino, und, mir nicht zu Sinne, eine Anmerkung zu
Vasari Lupino in Lanino verwandelt, der Gaudenziüs
Schüler war. Meine Vermuthung über Bernardinws Zeit-
alter bestätigt das Bildnis, das er zu Sarono in dem Lehr-
streite des Knaben Jesu von sich selbst gab, wo er sich schon
alt vorstellte; und daxuals schrieb man das Jahr U. H. 1525,
wie dort steht w).
18) Diese Bilder sind von ausserordentlicher Schönheit und "haben
sich auch in der Farbe vollkommen gut erhalten, wie die meisten
Gemälde des Luino. Sie sind unlängst von mehrern geschickten
Kupferstechern gestochen worden. Vorzüglich reich in Erfindung,
edel im Styl und zart gefühlt ist die Anbetung des Kindes von den
Weisen, welche dem Heiland Geschenke bringen, und sodann die
Vermählung der Jungfrau Maria. Luino's Colorit ist wärmer, als
das des Mareo d'0ggino. Ein röthlicher Tun zeichnet seine Fär-
bung aus, gleichsam als durchschimmerte ein leichtes, warmes Blut
eine zarte Haut. Marco's Bilder erröthen, eine leichte Böthe
fliegt die Blässe seiner Gesichter an. XVas auch B0 ssi p. 135. sa-
gen mag, so war Luino gewiss nicht in Rom; und war er es ja,
nur auf sehr kurze Zeit; denn sonst hätte dieser edle Geist gewiss
Einfluss auf die römische Schule gehabt, wenn auch Raffael da.-
mals in voller Kraft auf seine Zeitgenossen fort-, oder dessen
WVerke , noch nach des Meisters Tode, nachwirkten. Plälte Raffael
noch gelebt, so wäre gewiss zwischen ihm und Bernardo eine
Freundschaft geschlossen worden, wie die zu Gesare da Sestn,
und wäre B ernardo erst nach Raffaels Tode naclfllom gekommen,
so hätte Luino gewiss in jungen Gemüthern (las fortgeptlanzt,
was wir doch in den Werken der Schüler des Raffael nach des-
sen Ableben vermissen: ruhige Kraft des Gemüths. In dieser Ueber-