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Erster Zeitraum.
Die Alten bis auf Vinci,
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als eingebildet und aus einem Misverstande VasarPs nachr
gewiesen haben. Der hier Aufgestellte lebte wirklich, ist aber
in Mailand so wenig bekannt, dass er vcrmuthlich mehr aus-
wärts, als daheim gelebt haben mag. Auch möchte die Ver-
muthung nicht ganz unstatthaft seyn, dass er der Agastino
clelle prospettive sei, den wir 1525 in Bologna finden werden.
Alle Bezeichnungen treffen so zu, dass man ihn festhalten
könnte, wenn er ein flüchtiger Verbrecher wäre: der Name
Ägostino, das für einen Schüler SuardPs passliche Alter,
die Treiilichkeit in der Kunst, wodurch er den Beinamen ver-
diente, Malvasizfs Schweigen, der ihn durchaus kennen
musste und nur iiherging, weil er die Geschichte der bologner
Schule schrieb.
Andere um 1500 angeblich von Foppa Ahstammende
malten in dem Style, welchen wir den altneuen nennen.
Ambrogio Borgognone stellte in S. Sempliciaxio in einem
Kloster die Geschichte des heil. Sisinio und seiner Mitmartyrer
dar. Die dünnen Beine und manche andere Ueherhleibsel sei-
ner ersten Erziehung misfallexi nicht so sehr, als die Natür-
lichkeit und fleissige Genauigkeit der Ausführung gefällt; die
jugendlichen Köpfe sind sehr schön, die Gesichter manniehfal-
tig, die Trachten einfach, das Zeitbräuchliche in Kirchengeräth-
Schaft und bürgerlichem Leben ist treu beobachtet, und im Gan-
zen ein gewisser anmuthiger Ausdruck, wie er in dieser und
andern Schulen nicht hiiulig ist._
Gio. Donato Montorfano malte eine höchst iiguren-
reiche Kreuzigung im Speisesaal alle Grazie, wo er freilich
VincPs grosseni Abendmahl gegenüber wenig beachtet wird.
Er kann einem Mitwerber nicht stehen, welchem fast alle
grösste Meister den Vorzug einräumen. Nur in dem Farben-
miftrag hat er den Vorrang, als wodurch seine eArbeit sich
noch frisch und blühend erhält, da hingegen die Vinci'sche
in wenig Jahren verkümmerte"). Montorfano hat in Ge-
sichtern und Bewegungen eine so ganz besondere deutliche
17) Dass sich MontorfantPs Kreuzigung besser als ViucPs
Abßlldlllßhl erhalten hat, ist wol Ilicht das Verdienst des Malers
und seines Farbenauflrqgs, als vielmehr, weil die Wand, auf welche
jener malte, nicht 80 feucht ist, als die, auf welche Vinci malte.
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