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Oberitalien.
Die cremoner Schule.
neuen Idee dar; und in so vielen Städten, wo er malte, kann
kein Bild in Erfindung mit dem andern verglichen werden.
Eben so mannichfaltig war er in Nachahmung des Styls, wenn
es, ihm beliebte. Im Dom von Cremona malte er einen Gekreu-
zigten unter mehrern Heiligen, im besten venediger Geschmack.
Die H. ägyptische aus dem Tempel gewiesene Maria, die man
dort zu S. Pietro sieht, hat viel Römisches. Zu S. Abbondio
ist eine Pietai, welche beweiset, dass es ihm nicht misbehagte,
auch für einen Caraceisten zu gelten. i
. Seine berühmtesten WVandgemülde, um deren willen er zum
Ritter gemacht wurde, waren zu Parma in dem sogenannten
Gartenpalaste. Auch die eben erwähnte Kuppel in S. Abbondio
ist ein weitliiuliges Werk; hier aber führte er Giulio Cam-
pi's Zeichnung aus, doch mit einer Meisterschaft des Pinsels
und einer Kraft des Colorits, welche der Erfindung gleicht,
vielleicht sie übertrifft. Denn, die Wahrheit zu sagen, besass
Giulio die Kunst nicht, die Engelgruppen so zu vermannich-
faltigen, wie nachher die Caraccisten thaten; sondern er und
seine Jünger ordneten sie oft wie die Pferde in den alten Drei-
und Vierspännerix, alle in eine Linie oder auf andere, den
bessern Schulen nicht gewöhnliche Weise. Der cremonerx Ge-
schichtschreiber hat Ritter Trotti einigermassen wegen seiner
Härte damit zu entschuldigen gesucht, dass er sie seinen Ge-
liiilfen oder Zöglingen aufrückt, deren Bilder Baldinucci
dem Malo sso zugeschrieben hat. Von einigen mag dies
wahr seyn; es giebt aber andere mit Trottißs Namen, vor-
züglich in Piacenza, die doch an diesem Fehler leiden, An
einem Maler zweiten Ranges einige Fehler nachzuweisen, darf
nicht verargt werden; eben dieser Fehler wegen wird er nicht
unter die des ersten gesetzt.
Trotti bildete nicht wenigSchiiler, die bis 1600, sei-
ner Manier sehr zugethan, blühten; obwol im Fortgange der
Zeit, als in Italien die Griindungsart schlechter ward und das
Jahrhundert einem ileckenweisen Style huldigte, sie sich von
der Klarheit entfernten, welche grossentheils seine Eigenheit
bezeichnet. Von Ermenegildo Lodi schreibt Baldinucci
und Orlandi, welcher in zwei Gemälden nicht Meister und
Schüler unterschied. Dies mochte wol der Fall seyn, wenn
er unter Trotti's Augen malte, welchem er bei vielen Ar"