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Oberitalien.
Die cyemoner
Schule.
Ritter Antonio Campi lernte von "einem Bruder sowol
die Malerei, als die Baukunst, und inulieser übte er sich mehr,
als Giulio. Diese half ihm bei der Abtheilung grosser Wer-
ke, wo er oft sehr schöne Ansichten und mit wahrhafter Kunde
des von Unten nach Oben malte. Die Sacristei des heil. Pe-
trus mit dem schönen Gesäul, über welchem man in der Ferne
Eliam Wagen sieht, ist ein schönes Denkmal seines Wissens.
Ausserdem war er auch Plastiker, Kupfertecher, ja Geschieht-
schreiber seiner. Vaterstadt, deren Chronik er 1585 mit vielen
Kupferstichen herausgab. Er ist also unter den Campi, was
Agostino unter den Caracci, ein vielseitiger Künstler,
nicht schriftstellerischer Bildung fremd. Agostino kannte
und schätzte ihn auch sehr; eines seiner schönsten Stücke
ward von ihm in Kupfer gestochen, der lleidenapostel im Be-
griff einen Todten zu erwecken. Das Bild ist in der Pauls-
kirche zu Mailand, einer grossen Kirche, wo, wie in der Sig-
mundskirche, alle Campi mit einander wetteifern. Antonio
nimmt sich da gut aus, sowol in dem genannten Bilde, wie
in der Geburt U. H.; in den Wandbildern aber der Capellen,
die man ihm auch zuschreibt, ist er minder genau. So sind
auch in der Sigmundskirehe ungleiche Gemälde von ihm, als ob
er zeigen wollte, er könne mehr, als er leiste. Sein vertrau-
testes Urbild war, wie auch Lomazzo urtheilt, Coreggio,
und Anmuth war, was er vorzüglich anstrebte. In den Tinten
hat er oft das Ziel erreicht, seltner in der Zeichnung, wo er,
um schlank zu werden, oft schmächtig ward und manchmal,
um zu prunken, eine Verkürzung ungehörig anbrachte. In
rüstigen Gegenständen ist er auch manierirter; stellenweis ar-
tet er in das Schwerfällige aus; was auch darin liegen machte,
dass er Coreggiots Grossheit nachstrebte, welche vielleicht
schwerer als seine Anmuth zu erreichen ist. Doch können
viele dieser Ausnahmen, so wie seine ungenaue Zeichnung,
worein er zuweilen verfiel, auch als Fehler seiner Gehiilfen
entschuldigt werden, deren er bei so weitläufigen Werken na-
türlich viele brauchte. Nicht aber so das Ueberdrängen, daS
man in manchen seiner Com-positionen auch bemerkt, und das
Einführen von Zerrbildern in heilige Gegenstände, welches ein
unzeitiges Posscnspiel ist. Mit einem Worte, er warein grbs"
5er, lebhafter, entschlossener Genius, aber des Zügels bedürf-