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Oberitalien.
Die cremorier Schule.
Berühmt ist Gervasio Gatti il Sojaro, Bernardi-
no's Neffe, welcher ihn noch jung zu denselben Quellen führte,
woraus er geschöpft hatte, nämlich Coreggifs lllusternxin
Parma, die er ihn copiren und erforschen hiess. Dass ihm
dies viel genützt, beweist sein heil. Sebastian von 1578 zu
S. Agata in Cremona"; ein Gemälde , welches nach einem alter-
thiimlichen Kunstwerke gezeichnet und von einem der ersten
Figuren und Landschaftmaler in der Lombardei gemalt
zu seyn scheint. In derselben Stadt ist das Martyrthum der
heil. Cäeilia zu S. Pietro mit einer Glorie Coreggischer En-
gel; ein frisch aufgetragencs und mit ausserordentlichem F leiss
in des Oheims Art Vollendetes Bild, welches man letzterm zu-
schreiben möehte, wenn nicht der Name Gervasio und das
Jahr 1601 darauf stände. Doch so ausdauernd war er nicht
immer; zuweilen schlägt der Handfertige doch durch; zuweilen
sind auf einem Bilde ganz ähnliche Gesichter, zuweilen scheint
er die Köpfe gar nicht zu wühlen; ein bei Bildnismalcrn, un-
ter welchen er einen ausgezeichneten Rang einnimmt, nicht
seltener Fehler! Unstreitig hat er die Arbeiten der Caracci
gesehen, von deren Styl ich in manchen seiner Werke, beson-
ders in den Heil. Petrus und Marcellinus, Spuren gefunden
habe. Bruder dieses Gervasio war Vielleicht der, welcher
zu S. Sepolcro in Piacenza einen unter mehreren Heiligen ge-
kreuzigten Christus hinterliess mit der Unterschrift lß-iel de
(mm dictus Sqiarius 1601. Das Bild hat einen guten F arben-
auftrag und nicht zu verachtende Anmuth; nur ist die Manier
kleinlich, und das Helldunkel schwach. Dies ist, wenn ich nicht
irre, der Uriel, welcher nach RidolfFs Bericht in Cmmß
dem Urbini bei einer gewissen Arbeit vorgezogen wurde, wie
ich bereits erzählt habe. Bernardino unterrichtete auch
Spranger, einen Maler, den Kaiser Budolph ll. sehr liebte,
und die Angussolc, von welchen wir bald sprechen werden;
aber jenen und diese nur kurze Zeit. Was ihn vor allem aus-
zeichnet, ist, dass er der grösse Meister der cremoner Schule
wer, welche, durch seine Muster und von seinen Lehren geleitet,
nachher und so viele Jahre so vorzügliche Arbeiten lieferte.
Ich will frei hcraussageu, was ich denke: Cremona hätte weder
seine Campi, noch selbst seinen Boccaccino so hoch sich
aufschwingen gesehen, hätte Sojaro nicht dort gemalt. x