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Oberitalien.
V'enediger
Schule.
wir an Pisanello rügten. Diese gefielen in Venedig dem
Mansucti, Sebastiani und andern Zeitgenossen nicht we-
nig; selbst den 'Bellini's mislielen sie nicht. Wo sie übri-
gens gute Schwerpuncte wählten, bewahrte sie die reine, ein-
fache, fleissige und zaghafte Zeichnung vor Uebermaas. Man
möchte sie- nach den altern griechischen Bildhauern gebildet
nennen, in derenWerken dieWahrhcit, wie in andern das Grosse,
den Beschauer festhält. Besonders wahr sind ihre Köpfe, Bild-
nisse aus dem Leben, bald mitten aus dem Volke, bald 1111611
Personen, die durch Geburt, Gelehrsamkeit, oder Waifcnruhm
sich auszeichneten. Diesem Brauche, der auch unter den Ma-
lern des I4. Jahrhunderts herrschte, verdanken wir nicht wenige
Köpfe, die Giovio für sein Museum copiren liess und die von
dort aus in Bildern und Kupferstichen überall verbreitet wor-
den sind. Oft brachten auch die frühern Maler, was dem Va-
s-ari so willkommen war, ihre eigenen Köpfe in ihren Bildern
an; aber diese Schaustellung nahm mit steigender Bildung in
Italien ab. Indess war diese Ruhmredigkeit und Eitelkeit da-
mals so wenig, als in den Helden- und andern minder gesit-
tigten Zeiten, ein Laster; und wenn die Gelehrten des funf-
zehnten Jahrhunderts sich in ihren Schriften gar sehr lobten,
die Drucker auch ihre Drucke oft mit stolzen Titeln und lob-
preisenden Sinngedichten bis zum Lücherlichen herausstrichen,
so kann man den Malern wol den kleinen Ehrgeiz verzeihen,
der Nachwelt hier und da ihr wahres Bildnis zu hinterlassen.
Auch ihre Farben sind wahr und einfach, wenn gleich nicht
immer besonders mit dem Grunde verhältnismässig, noch durch
Helldunkel hinlänglich gebrochen; höchst einfach sind vorzüg-
lich ihre Compositionen. Selten malten sie da geschichtliche
Bilder; jenen Zeiten genügte es, eine Madonna auf einen Thron
zu setzen, und die Heiligen, welche eben eines jeden Andacht
forderte, um sie herulnzustellen. Und auch diese stellten sie
nicht, wie früher, in" gleiche Entfernungen, und in minder
ausgesonnenen Gebärden hin, sondern es musste irgend ein
Gegensatz ausgemittelt werden; sah der eine zur Jungfrau em-
por, so musste der andere in einem Buche lesen; kniete der
eine, so musste der andere aufrecht stehen. Der heitere fest-
liche Sinn des Volks entwickelte sich dort in glünzenderer
Farbe, als in andern Schulen; und vielleicht hielten sie die