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Oberitalien.
Die cremoner Schule.
strafen. Die ganze Widerlegung stützt sich auf die von Va-
sari angegebenen Zeitpuncte, aus welchen sich, wie es heisst,
eine schlagende Verneinung hinsichtlich Boccaccintfs Reise
nach Rom zu einer Zeit ergiebt, wo er. biichelangelfs
Gemälde hätte tadeln können. Ungenaue Geschichtschreiber
pflegen einen Thatbestand zu erzählen , und stellen ihn in Zei-
ten, Oerter, oder Bezüge, die nicht vorhanden sind. Der-
gleichen Beispiele hat die alte Geschichte in Menge, und auch
die schärfste Kritik mistraut der Thatsache, trotz mancher
entstellten Umstände, nicht, wenn andere ziemlich starke über-
zeugen. In unserm Falle erzählt unser, Geschichtschreiber,
Michelangelrfs Freund, Etwas, das den Freund anzieht,
und einen Vorfall, der sich kurz zuvor, ehe er schrieb, in
Rom ereignete. Ihn für ein Miihrchen ohne die mindeste
Wahrheit zu halten, ist schwer. Manche Ncbenumstände kann
ich nicht wahr finden, und überhaupt misbillige ich an Vag
sari, dass er einen der damaligen besten lombardischen Maler
herabsetzt.
Die übrigen Bilder, ausser den vier genannten, wurden
von Romanino di Brescia und Pordenone ausge-
führt, zwei grossen Malern ihrer Zeit, welche damit Muster
des venediger Geschmacks liinterliessen, die, wie wir sehen
werden, von den Cremonern nicht vernachlässigt wurden. Hier
müssen wir noch hinzufügen, dass diese Stadt jene alten Ge-
mälde so viel nur möglich vor den Verheerungen der Zeit zu
schützen bemüht gewesen. Als sie gegen Ende des sechzehn-
ten Jahrh. zu leiden anfingen, malte sie Martire Pesenti,
genannt Sabbioneta, ein berühmter Maler und Baukünsgler,
auf. Dasselbe hat gleich fleissig in diesem Jahrh. Ritter Bor-
roni getl.
Auch zwei andere Bürger malten an demselben Orte in
dem sogenannten altneuen Style. Alessandro Pampurini
tellte dort einige Kinder, wie man sagt, um einen grosggn,
Anschlagzettel herum dar, und einige gleichsam Arabesken mit
Angabe des Jahres 1511. Das Jahr darauf lieferte gegenüber
Bernardino Ricca, oder Riccö eine ähnliche Arbeit, die,
weil sie trocken angelegt war, in wenig Jahren einging und
von einer andern Hand erneuert ward. Doch hat sich von
diesem Künstler noch eine Pietä. _in S. Pietro del Po, und von