III. Kap.
II. Zeitr.
Coreggio
und
seine Jünger.
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diesem Fehler gewöhnlich die langhälsige heisst 39); aber darin
ist eiqwieder von Andern verteidigt worden. Auch das Colorit
dient ihm zur Anmuth; er hiiltk es zumeist nieder, gemüssigt,
bescheiden, gleichsam als fürchtete es dem Auge sich allzu leb-
haft entgegen- und aufzudringen, wodurch im Betragen, wie
in der Malerei die Anmuth vermindert wird. Urtheilt Albano
richtig, so miihte sich Parmigianiilo nicht sehr um Aus-
druck, wovon er wenig Beispiele gegeben, wenn anders nicht
etwa eben die Anmuth, welche seine Kinder und andere zarte
Figuren beseelt, den Namen Ausdruck verdient 40), oder, falls
dieser bloss die Gcnxiithsbeivegmxgen anginge, ihn hinlänglich
vertritt. Um dieser Anmuthwvillcn vergiebt man ihm eben
Alles und auch Fehler scheinen an ihm 'l'ugenden.
Er scheint langsam aufgefasst und angeschaut, und das
ganze Gemälde erst in der Einbildungskraft entworfen zu haben,
eh er zum Pinsel grifl"; dann aber führte er es auch schnell
aus. Man trifft bei ihm so freie und entschiedene Pinselstriche,
dass Alhano sie göttlich nennt und versichert, diese uner-
rieohbare illcisterschaft, womit er jedoch Fleiss und Ausführung
verband, habe er nur durch grosse Uebung im Zeichnen erlangt.
Nicht alle seine Arbeiten sind gleich aufgetragen, noch von
gleicher Wirkung; einige jedoch mit solcher Liebe üllsgeführt,
dass sie Coreggio zugeschrieben wurden M). S0 der Amor,
der den Bogen bereitet, zu dessen Fiissen zwei Kinder sind,
das eine lachend, das andere weinend, der, ausser dem in (19,4
kais. Gallerie, mein-mal wiederholt worden ist; so sehr gefiel
er dem Künstler, oder Andern. Ich stimme hinsichtlich dieses
i
39) Er kann sich mit dem Beispiel der 'Alten entschuldigen, welche
in bekleideten Standbildern dergleichen Verhältnisse vorzogen, um
nicht: in Plumpheit zu verfallen. Auch die Länge der Finger rech-
nete man zum Lobe an, wie. die Ausleger Cntulls zum 44_ Gedicht
zeigen. Ein langer Halsvwirxl an Jungfrauen als Kuiistvorschrift hei
Malvasia Th. l. S. 303 angegeben, und Lazzarini malte seine
Madonnen immer nach dieser Regel. AlP diese Bemerkungen müssen
freilich mit der Unzisichtfverstanden werden, die man in jeder Kungf
voraussetzt und fordert, aber nicht lehren kann. L.
40) Affßülüllnll, oder Ziererei möchte wol die richtige Benennung
dieses Ausdrucks und dieser Aumuth sein.
41) Z. B. ein entsetzlich mauierirtes Bild in der Dresdner Galle-
Tie, lllndonna und der heil. Sebastian, welche! man doch ja. nicht mit
Coreggiws Sebastian van-wechsele, Q,