Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Zweiter Band)

H. Zeilr. 
III. Kap. 
Coreggio und seine Jünger. 
319 
Bisher nun habe ich Antonio AllegrPs und zugleich 
Seiner Schule Styl geschildert, nicht als ob Einer ihm gleich- 
gekommen, oder auch nur sich genähert, sondern weil Alle nn- 
gefähr dieselben Grundsätze hegten, wiewol Einige sie auch mit 
andern Stylen mischten. Der Grundzug der parmenser, vor- 
zugsweise die lombardische genannten Schule ist die Verkür- 
zung, wie der der florenzer der Ausdruck der Nerven und Mus- 
keln 34); es Ibraucht übrigens nicht erwähnt zu werden, dass 
auch diese Verkürzung von Einigen übertrieben und gesucht 
worden ist, wie dort das Nackte35). 'Gut Nachahmen ist über- 
all schwer. Zu den andern Zügen der Schule gehört auch das 
Studium des Helldunkels und der Bekleidung mehr als des 
menschlichen Körpers, in welchem wenige wahrhaft tüchtig sind. 
Ihre Umrisse sind breit, die Gesichter nicht sowol ideal, als 
mitten aus dem Volke gewählt, wo man denn allerdings wohl 
geriindete und gefärbte, und oft so wohlgebildete und heitere 
findet, wie sie Coreggio eigenthümlich sind 36). So bemerkte 
 
3:1) Wie tief setzt Lanzi den Werth der lombardischen und flo- 
rentiner Schule zu gemeinen Knnststücken herab , wenn der {Verth 
der einen in Verkürzungen der andern aber im Hervorheben der Ner- 
ven und Muskeln bestehn soll! Oder ist vielmehr dieser Standpunct 
der Beurlheilung S0 niedrig, dass das höhere Geistige aus dem Ge- 
sichtskreis verschwindet? Q. 
 35) Ein Meisterwerk in der Verkürzung ist die Antiope in dem 
hiusee zu Paris. Verkiirzungcxi entstelleil in der Zeichnung gewölm- 
lich die Formen; hier möchte man behaupten, dass sie die wollüstign 
Wirkung des Anblicks dieser üppigen Glieder verstärken. Edel sind 
freilich die Formen nicht, welche Coreggio wählt und eine gross- 
artige Gestalt, wie die Danae des Tizian oder Eva des Michel- 
angelo, wiirde in Verkürzung immer verlieren, Q. 
36) Ehe wir uns zu Coreggiow Schülern und Nachahmern 
wenden, sei es vergönnt, über die oft; verknnnten und wieder über- 
sehätzten Verdienste des Meisters unsere Ansichten mitzutheilexi! 
Ohne uns in den unverständigen Streit einzulassen, ob Coreggin 
im Helldunkel dem Raffael vorzuziehen sei und ihn in Anmuth 
übertroffen habe, wollen wir Coreggio in seinem WVirkungskreise 
betrachten. Der Grundton seines Kunsteharakters ist eine Lebhaftig- 
keit der Empfindung, welche von Natur sich zur Heiterkeit hinwen- 
det, und wo der Schmerz sich seiner bemeistert, ist dieser mehr lei- 
denschaftlich, als innig, wie z. B. bei seiner Grahlegung. Coreggin 
Weicht jedoch, wo er kann, diesen Empfindungen aus und weiss selbst 
den schmerzhaften Gegenständen eine heitere Seite abzugewinnen, 
wie in seinem Sebastian, wo dieer unverwundet erscheint ünd der 
Gegenstand dieses Bildes xiicht das Leiden des hlärtyrers, sondern 
der Jubel der Himmlischen über den Sieg des Miirtyrerthums ist.
	        
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