II. Zeilr.
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Diese Vermuthnng trug der Waekerc nur schüchtern von
um] über-Hass nicht nur dem Leser, das Gegentheil der Aufgabe
anzunehmen, sondern es auch zu unterstützen, indem er sich
8') ausdriiekte: „Wenn er die Antike nicht sah" (und dasselbe
kann man von den Arbeiten der zwei ausgezeichneten Neuern
Sagen) „u'ie man sie in Rom sehen kann, so wird er sie ge-
sehen haben, wie man es in Modena und Parma kann; ein grus-
Ses Talent braucht nur die Probe von etwas zu sehen, um zum
Begriff dessen, was seyn soll, angeregt zu werden." Diesen
Ausspruch wird man unschwer im Verlauf meines Werks belegt
und bestättigt finden. Tizian und Tintoretto leisteten
mit Hülfe von Gypsabgiissen mehr, als Andere, welche Stand-
bilder zeichneten; Baroccio, der einen Kopf Coreggifs
nur im Fluge gesehen hatte, ward in diesem Style berühmt.
Und, dürfen wir hier aus den Wissenschaften ein Beispiel des-
scn herübernehmen, was ein hoher Geist vermöge, Galileo
entspann aus der beobachteten Schwebung einer Lampe in einer
Kirche zu Pisa seine Lehre von der Bewegung und die Grund-
lagen seiner neuen Philosophie. Eben so konnte auch aus klei-
nen Bewegungen dieser von Vasen-Vs Zeit" an als göttlich
bewunderte Geist die ldce eines neuen Styls umfassen. Und
keinen geringen, sondern hinlänglich starken Anstoss konnten
ihm auch Andrea's auserlesenste Arbeiten geben, wie die
Sammlungen von Antiken in Mantua und Parma, die Werk-
stätten der Mantegna und Begarelli, so reich an Gypsab-
giissen und Zeichnungen, die Bekanntschaft mit Künstlern, die
in Rom gewesen, wie MunarVs und Giulio's selbst, und
endlich der gesunde Sinn des Jahrhunderts, welcher allenthal-
bßn, mit der früheren Kiimmerliehkeit unzufrieden, nach vol-
leren, weicheren und vertriebenern Umrisen strebte. Dies al-
les erleichterte wol unserm Coreggio den geforderten Schritt,
vor allem aber sein grosser Sinn. Dieser leitete ihn, die Na-
tur mit denselben Augen, wie die alten Griechen und die gras-
Sen neuen Italiener, zu betrachten. Oft haben die grüssten
Gemälden, zu einer oft an Muthwillen gränzenden Fröhlichkeit auf,
wie es denn in dem Leben glücklicher und reichbegabter Menschen
zu geschehen pflegt, dass ihr Gemüth immer froher wird, je bewugg-
1er sie sich werden und je klärer sie die Welt ins Auge fassen, Q,