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Oberitalien.
Venediger
Schule.
nicht lange genug, viele so verdienstvolle Arbeiten zu liefern.
Auch er starb an der Pest und kurz nachher sein Bruder
Giorgio, tüchtig in Bildnissen und Gemälden mit kleinen
Figuren.
Nach diesen Jahren, vorzüglich 1639 und 163i, in wel-
chen mehrere Maler starben, verloren sich die Ueberbleibsel
der guten venediger Schule immer mehr und die von "der Mitte
des Jahrhunderts an in Venedig gelieferten Arbeiten haben,
grösstentheils wenigstens, einen ganz verschiedenen Charakter.
Zanetti meldet, um diese Zeit hätten sich dort einige aus-
wärtige Maler niedergelassen und die Herrschaft in der Ma-
lerei behauptet. Verschiedenen Schulen zugethan und zumeist
Bewunderer Caravaggiow und seines volkmässigen Styls,
kamen sie nur in zweierlei überein. Einmal beriethen sie sich
mehr als bisher geschehen war mit der Wahrheit 3), wodurch
allerdings die zum Handwerke gesunkene Kunst wieder Kunst
ward; nur verstanden viele bunter ihnen nicht das Natürliche
zu wählen, oder zu veredeln, oder verkünstelten es doch min-
destens mit übertriebenen Schatten, Zweitens war ihr Farben-
grund oder Grindauftrag sehr dunkel und ülicht, welches, wie
schon mehrmals bemerkt wurde, zur Schnelligkeit zwar viel
hilft, aber der Dauer schadet. Diese Ansteckung hatte sich in
mehrere Länder verbreitet, bis sie endlich an der grossen Schule
der Caracci haftete. Daher sind jetzt von vielen jener Ge-
mälde nur noch die Lichter übrig, die Halbtinten und die Schat-
tenmagsen 4) verschwunden, und die Nachwelt hat für diese
Künstler eine neue Benennung erfunden, die der liinstern (teue-
brosz). Bosehini, dessen (Im-m de! navegarpitoresco 1660
erschien, verhöhnt, wie wir bemerkten, die blosscn Naturalistcn
und verliistert sie in dem ganzen Werke, unwillig, dass sie
ihr Brot in Venedig suchten, den Geschmack, die Pinselfreiheit
und Schnelligkeit der Venediger tadclten und gleichwol mit
einer jammernswerthen Mühseligkeit malten. E1- nennt keinen;
3) D, i. dem Gemeinwirklichen, nicht jener böhern Ilebereinstim-
mung der Kunsldarslellunug und der Idee. Q.
4) Hiezu trägt aber auch die übIe Bereitung der Blalerleinwanzl
viel bei, welche man mit Mennige gründete. Diese Farbe zerstört
fast alle andern von unten herauf, und verschont bloss das Blei-
weiss, weil sie der vollkuuuneuste Blcikulk ist. Q.