Dritter Zeitraum.
Die
Manierislen.
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beherrsehendes gebracht wird, zu Verwirrung jedermanns, der
den Compass des Magneten nicht versteht. Wie man aber
aus einer Vorderseite im sogenannten gothischen Geschmack
auf den Styl eines ganzen Gebäudes schliesst, soykann aus dem
angegebenen Titel der Leser gleich vermuthen, dass Beschi-
ni's ganzes Buch im überladenen Style jener Zeit, voll ist von
nnergiebigeln Vlrortschivall, seltsamen Allegorien, kalten Anspie-
lungen, unsäglich elenden Gedanken und Redensarten, welche
man denen desCiamp o li und Melosio nicht gegenüber stellen
kann, weil diese doch in italiseher Mundart schrieben, Bos-
ehini aber keine fremdartige Sprache brauchen, sondern wie
die Venediger sprechen zu wollen betheuert. Aus dieser übel-
verstandenen Vaterlandsliebe stammen nun seine Schmiihungen
gegen Vasari und die Style auswärtiger 'Schulen, wie das
übertriebene Lob der venediger Maler, welche er, wie der Titel
besagt, allen Malern der Welt verzieht, nicht allein im Colorit,
Sondern auch in Erfindung und Zeichnung; Das Schlimmste
dabei ist, dass er die guten Alten nicht von den Manieristen
seiner Zeit unterscheidet, und spricht, als ob die Meister des
vorigen Jahrhunderts noch lebten und erfäinden, oder die modi-
gen dieselben Gaben und dieselben Stannngiiter hätten; ein
(iurehgiingiges lllisverstiindnis des naseweisen Gevatters, welcher
belehrt, und der leichtglüubigen Excellenz, welche alles glaubt
und zugiebtl
Entschuldigte ich aber oben gewissermassen VasarPsi
Parteisamkeit mit den Voruriheilen seiner Erziehung, die man
S0 schwer ablegt, so muss ich auch gegen Boschini diese
Billiglrcit haben, um so mehr, je weniger Anlass er hatte, sie
abzulegen, da er nie in Florenz oder Rom gewesen war und
von den auswärtigen Schulen nur nach Hörensagen urtheilte.
Allerdings führt er zu Gunsten der Venediger nicht einen, son-
dern mehrere treffliche Männer an; wie Velaseo, welcher dem
Salvator Rosa betheuerte, nachdem er Venedig gesehen, ge-
falle Raffaelihm fast gar nicht; und Rubens, der sechs
und ein halb Jahr lohne sonderliehes Fördernis in Rom verlebt
und mm seinen Styl nach 'l'izian's Mustern gebildet habe;
ferner Alban o, der es bedauerte, nicht lieber in Venedig, als
i" Rum studirt zu haben, und Pier da Cortona, der, nach-
dWl er die venediger Schule kennen gelernt, zwei Zimmer im