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Oberitalien.
Venediger Schule.
Seine Tinten sind frisch, angenehm, durchsichtig, minder hei-
ter als Paolo's, heiterer als Tintorettrfs, und wiewol sie
karg aufgetragen sind, halten sie sich doch besser, als manche
stark angelegte auswärtige Bilder. In Belebung der Figuren griinzt
er an die beiden Genannten, mindestens in einigen ausgearbei-
teteren Werken, wie zu S. Bartolommeo der Schlangenstrafe, ei-
nem durchaus furchtbaren Bilde. In alle!!! Uebrigen hat er soviel
alsbinreicht zu gefallen, und zu verwundern ist, wie ein Mann,
der das schlechtere Jahrhundert in Venedig einleitete, wie Va-
sari in Florenz, Zucearo in Rom, doch immer noch soviel
natürlich und künstlich Lockendes hat, das Auge des Beschauers
zu. befriedigen und sein Herz zu gewinnen. Seines Pinsels
Kraft fühlten Guercino und Guido, als sie bei den Ca-
pucinern in Bologna ein Bild von ihm sahen und ausricfen:
Schade, dass der, welcher so einen Pinsel führte, sterben musste!
(Boschini S. 383).
Nach meiner Weise, jedem Meister sein Gefolg beizugcben,
fange ich mit dem Venediger Marco Boschini an, welcher
in jener Zeit des Kunstumschlags lebte, Schüler des Palma
gewesen war und von Künstlern des dritten Zeitraums Kunde
gegeben hat, die man in keinem andern Buche findet. Er trieb
mehr lhpferstccherkunst, als Malerei, hatte aber doch auch in
dieser Verdienst, wo er bald Palma nachahmte, wie in dem
Abendmal in der Sacristei zu S. Hieronymus, bald Tinte-
rette, wie in einem noch im Paduanischen vorhandenen, und
einigen Zimmergemiilden, die, wie ich höre, in Venedig geyn
sollen. Er schrieb einige Werke, welche ich in der Einleitung
erwähnt habe, und ist durch keines so bekannt geworden, als
das in vierzeiligenVersen, irelches den Titel führt: Lu carm
del uuvegar pitoresco, diulogo im un Senator veneziim dele-
tunle e am prqfessor de pilura sollo nome (Pllcelenza e de
Conqzare, cznnparti in oto Venti, von i quali lu nave vene-
tianu vien condulo in l, alle mar de la pituru eome assalum
dominante du quelo, a confzzsion de chi nun intemle el 60.9-
solo de la cularlzita d. i. die Illalerscelrarte. Gespräch zwischen
einem kunstliebhabenden venezianischen Rathsherrn und einen,
Professor der Malerei, unter dem Namen Excellenz und Gevat-
tcr; eingetheilt in acht Winde, mit welchen das venezianische
Schilf aufs hohe Meer der Malerei als unuxuschränkt dasselbe