Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Zweiter Band)

Dritter Zeitraum. 
Die Nlanieristen. 
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Dritter 
Zeitraum. 
Die Manieristen 
verderben 
im siebzehnten Jahrhundert 
venediger Malerei. 
üie 
Es ist gleichsam das Schicksal alles Menschlichen, dass es 
nicht lange in demselben Zustande verharrt, und der Verfall 
nahe an die höchste Erhebung griinzt.  Der Ruhm der Vor- 
treiilichkeit irgend einer Art hält sich nicht lange an einem 
Orte, oder bei einem Volke. Er wechselt die Länder; die, 
welche gestern von einem Volke Gesetze erhielten, geben sie 
ihm heute; und die heute Meister eines Volkes sind, werden 
morgen Wenigstens seine Schüler zu seyn trachten. Ich könnte 
dies mit vielen Beispielen belegen; aber es thut nicht Noth. 
Wer die bürgerliche und schriftthümliche Geschichte nur eini- 
gcrmassen kennt, ja wer auch nur in den Ereignissen des je- 
tzigen Jahrhunderts kein Neuling ist, wird sich die Beweise 
dafür nicht aufzählen oder nachweisen zu lassen brauchen. Die- 
selbe Umwälzung haben wir in der florenzer und römischen 
Malerei gesehen, welche, als sie den Glanzpunct ihres Ruhms 
erreicht hatten, verlielen und gerade als die venedigcr sich er- 
hob. Jetzt werden wir den Verfall dieser in der Zeit sehen, 
wo die florenzer ihr Haupt wieder erhob, die bologner ihr 
Höchstes erreichte, und was noch wunderbarer ist, durch hin- 
ster der venediger Schule geleitet, erreichte. S0 verhält es 
sich. Die Caracci studirtcn Tizian, Giorgione, Paolo, 
Tintoretto und bildeten einen Styl und Schüler, welche das 
ganze 17. Jahrhundert schmückten. Die Vcnediger studirten 
dieselben Muster und zogen daraus eine an ihnen und noch 
mehr an ihren Schülern tadelnswerthe Manier. Diese, wenn 
Sie ihre Lehrjahre nach d'en classischsten hlalern gemacht und 
sich halb und halb in Zeichnung und Colorit einige Fertigkeit 
erworben hatten, strebten nun grosse Leinwandstüeke mit Fi- 
guren zu füllen nicht aus dem Leben, sondern entweder nach 
fYemden Stichen und Gemälden, oder aus eigener Phantasie, 
und glaubten am besten, wenn am schnellsten, gearbeitet zu 
llaben- Ich zweifle gar nicht, dass Tintorettws Beispiel 
Jener Zeit mehr geschadet, als genützt hat. Wenige mochten 
"man tiefen Verstand sich anzueignen streben, der gewisser- 
u. Bd. L 
	        
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