Zweiter Zeitraum.
Giorgione, Tiziano, Tintoretto etc.
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bei Rittex-Zuecaro, Passiguano und andern schon in ihren
Schulen erwähnten aufzuhalten, nur im Vorbeigehen Joseph
Calemberg, einen Deutschen, nennen, der lange bis an sei-
nen Tod 1570 in Venedig lebte. ln der Servitenkirche ist
von ihm Constantins Schlacht; und sind seine übrigen Bilder
in diesem Geschmack, so stehe ich gar nicht an, ihn einen ge-
übten, aber etwas schwerfälligen Maler zu nennen. Nach ihm
scheint mir gelebt zu habeh, und, bevor wir zu den Manieri-
sten und Dunkeln übergehen, zu erwähnen Gio. di Chere
aus Lothringen, der- im grossen Rathsaale unter den besten
Venedigern ein geschichtliches Bild malte. Andere Ueberalpler
findet man in der Guida. Ich nenne in dieser Schule nur, wie
sonst, die denkwiirdigsten.
Im Verlauf dieser Geschichte wird der Leser bemerkt ha-
ben, dass vor diesem 16. Jahrhundert gewisse Gattungen der
Malerei noch nicht getrennt waren. Der Figurenmaler stellte
alles dar und brauchte alles für seine Compositionen; Land-
chaften, Thiere, Früchte, Blumen, Fernungen waren Beiwerke
der ursprünglichen Kunst und grossen Meistern so schwer, wie
dem Phidias ein Thron für seinen Zeus. Nach und nach
wurden diese Theile der Malerei getrennt und besonders behan-
delt. Die Niederliinder waren die ersten, welche, je nach ihren
Anlagen und Neigungen, den oder jenen Theil erwählten und
Gemälde fertigten, wo zum Beispiel die Landschaft Haupt-
gegenstand und die Figur Beiwerk war. Nun muss man mit
Bellori erwägen, dass die Besten derselben ihren Pinsel in
gute venediger Farben tauchten; und dies ist der venediger
Schule vorzüglichster Ruhm. Auch die Italiener legten sich
besonders auf diese Gattungen von Malerei, namentlich Land-
schaften. Tizian brach die wahre Bahn für Landschaftsma-
lerei; übrigens sind alle seine Ländereien der Figuren wegen
da, nicht umgekehrt. Ein Bild von ihm mit einer heiligen Fa-
milie hatte die jüngst verstorbene Herzogin von Massa und
Carrara, welches jetzt als Erbstück dem Fürsten Carlo Albani
in Mailand gehört und eins der lieblichsten ist, welches ich
gesehen. Tizian ward von mehrern Niederländern nachge-
ahmt, und unter den Venedigern malte Gio. Mario Verdiz-
zotti, sein gelehrter Freund, von ihm geleitet, Landschaften,
"flehe in Galierien sehr willkommen, jedoch sehr selten sind.