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Oberitalien.
Venediger
Schule.
Der Tod seines Vaters zwang ihn heimzukehren und sich
in seinem Geburtsorte niederzulassen, jetzt einer volkreichcn
und reichen Stadt, damals kein verächtlicher Flecken, anmuthig
gelegen, überreich an Küh- und Schafheerden, für Miirlrte und
Messen sehr gelegen. Durch diese Umstände bedingttentstand
allmälig sein dritter Styl, ganz Einfalt, Natur und Anmuth,
welcher in Italien Vorsehmack eines ganz fremden, des nieder-
ländischen, war. In Führung des Pinsels, kann man sagen,
verfuhr Jacopo-auf doppelte iVeise; einmal, indem er sich
anfangs auf schöne Vereinigung der Tinten beschränkte, welche
am Ende mit freien Finselstriehen sich entschied; dann wozu
der Weg freilich nur durch die erste geht durch einfache
Pinselstriche mit lieblichen leuchtenden Tinten und eine gewisse
Uebermacht, ja_ fast Verachtung, welche in der Nähe wie ein
verworrener Auftrag aussieht, von fern aber einen höchst an-
genehmen Zauber des Colorits bildet. In beiden Arten ent-
wickelt er die Ureigenheit seines Styls, welche hauptsächlich
in einer gcivissen geschmackvollen Composition besteht. Sie
hat zugleich etwas Dreieckiges und Kreisiges, und sucht ge-
wisse Gegenstellungen, so dass, wenn eine Figur im Vollgesicht
steht, die andere den Rücken wendet; dabei auch einen Gleich-
verhalt, so dass in derselben Linie mehrere Köpfe, und in ihrer
Ermangelung ein anderer hervortretender Körper in dieser Rich-
tung steht. Das Licht anlangend, liebt er das gesperrte und
weiss es meisterhaft für die Harmonie zu benützen; denn die
cntgggengesetztesten Farben bringt er durch seltene Lichter,
häufige llalbtinten und entzogenes Schwarz wunder-Lärm], in
Uebereinstimmung. lm Abstufen der Lichter lässt er oft den
Schatten der inneren Figur der äussern zum Grunde dienen,
und giebt den Figuren wenig Lichter, aber scharfe und starke,
wo sie einen Winkel bilden, wie auf der Spitze der Schultern,
am Knie, am Ellbogen; zu welchem Ende er auch einen schein-
bar natürlichen, aber in der That zu Gunsten des Systems
sehr berechneten Faltenwurf hat. Nach der Verschiedenheit des
Zeuchs wechselte er die Falten mit so feiner Verständigkeit,
wie nur wenige vermögen. Seine Farben leuchten aber den-
noch wie Edelsteine, besonders die grünen, welche ein ihm
ganz allein eigenes Smaragd haben. Wer sein Verfahren ken-
nen lernen und seinen Styl zergliedcrt seilen will, lese darüber