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Oberitalien.
Venediger
Schule.
nicht geradestehende Figuren anbringen, verkürzte sie aber
mit einer Natürlichkeit un-d Leichtigkeit, dass jeder jede andere
Gebürde minder zusagen würde. lm Nackten haben Künstler
etwas Unrichtiges entdeckt, was übrigens selbst bei den ersten
Wandrnalerrx nichts Neues, hier aber ohnedies von weitem nicht
einmal bemerkbar, oder, wenn ja bemerkbar, doch nicht viel
anders ist, als eine zuweilen von Q. Settano verwechselte
Sylbcnquantität, die man ihm bei so vielem Schönen seiner Ge-
dichte lcicht verzeiht. Reicher sind seine Bilder im Dom zu
Parma, vielleicht seine grössten und durchdachtesten Arbeiten,
die noch neben Coreggio gefallen. ln Oel malte er einige
Altarbilder zu S. Benedetto in Mantua; nicht alle gleich glück-
lich! Die Geburt U. H. in der Faustin- und Giovitakirehe ist
sein einziges öffentliches Oelgexixülde in seiner Heimat, anmu-
thig und in manchen Zügen Raffaelisch. Von Künstlern
wird auch eine Picta in S. Pietro zu Cremoxia geschätzt, von
welcher mir einer, der viel nach Lattanzio gezeichnet hatte,
sagte, er "habe nichts von ihm so gut gezeichnet, mit solcher
Weichheit, Klarheit und Feinheit der 'l'inten colorirt gesehen.
Dieser grosse lllaler lebte nur 32 Jahre und hiuterliess in Gio-
vita Bresciano, auch il Brescianino genannt, einen
guten Schüler, besonders in Wandmalerei.
G eronim o S avold o, aus edleml-lause inBrescia, blühte
auch um 1540, und u-urdc von Paolo Pino unter den besten
Malern seiner Zeit gepriesen. Von wem er die Anfangsgrünrlc
der Kunst erlernt, weiss ich nicht; Einiges, was ich in Bres-
eia von ihm sah, beurkundet seine Lieblichkeit und Genauig-
keit; doch weiss man, dass er sich in Venedig niederliess und
nach Tizian arbeitend einer seiner guten Nacheiferer ward,
nicht zwar in vielen großräumigen Werken, aber in minder
grosscn, ausnehmend ileissig ausgeführten, was gewissermassen
sein llauptkennzeichen ist. Damit vertrieb er sich die Zeit
und schmückte die Kirchen unentgeltlich. Auch für Privatleute
malte er dergleichen, die in Sammlungen "selten und kostbar
sind. Zanetti sagt bei Gelegenheit seines Krippchens, wel-
ches, jetzt freilich aufgemalt, in S. Giobbe sich befindet, die
'l'inte seiner Bilder sei wahrhaft schön, und die Ausführung
sehr sorglich. ln Venedig, sagt Ridolfi, ist er unter dem
Nalnen Girolamo Bresciano bekannt, indem dort weder