Viert. Zeitr.
Giordano, Solimene u. ihre Schüler.
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II. p. 67) sagt: „wer die wesentliche Schönheit dieses Ma-
lers nicht kennt, kann wol von Giordanws Nachahmung
getäuscht werden."
Dennoch nahm er keinen der genannten Style als den
seinigen an. Anfangs vcrricth-cr (leutliche Spuren des S pagno-
letto; nachher hing er, wie die Leidensgeschiehte in S. Te-
resa beweiset, gar sehr an Paolo Veronese, und von die-
sem behielt er immer den Grundsatz bei, durch ein Studium
der Verzierungen, welche das Auge bestachen, zu überraschen.
Vom Cortona scheint er den Gegensatz und Abstich in der
Anordnung, die grossen Lichtmassen, die häufige Wiederholung
derselben Gesichter zu haben, die er in weiblichen Figuren oft
von seiner Frau copirte. Uebrigens suchte er sich von allen
Meistern durch ein neues Coioritauszuzeichnen. Er kümmerte
sich nicht darum, es nach den besten Kunstvcrschriften zu bil-
den; seine Farbentüne sind nicht wahr, am wenigsten im Hell-
dunkel, wo cr höchst willkürlich verfuhr. Dennoch gefällt er
durch eine gewisse Anmuthlund gleichsam einen Trug der
Kunst, den iVenige beachten und keiner leicht nachahmen
kann. Auch stellte er seinen Schülern nicht sich zum lliilster
auf, tadelte sie vielmehr, wenn sie ihm folgten, indem er ih-
nen sagte, es sei kein Geschäft für Jünglinge, in diese An-
sichten einzudringen. Er kannte die Gesetze der Zeichnung,
kümmerte sich aber nicht sehr sie zu beobachten, und Do-
meniehi meint, wenn er sie streng beobachtet hätte, wäre
das Feuer in ihm erkaltet, welches sein Hauptverdienst ist.
womit denn nicht jeder Leser übereinstimmen wird, eher viel:
leicht mit dem andern Grunde, dass er, weil er höchst gewinn-
süchtig war und darum auch die gemeinsten Bestellungen nicht
abwies, diese seine Leichtigkeit auf Kosten seiner Ehre miss
brauchte. Daher wird er auch beschuldigt, oft oberflächlich,
ohne Farbenauftrag, mit übermiissig vielem Oel gemalt zu ha-
ben, wesshalb seine Bilder schnell von der Leinwand ver-
schwanden 3).
Neapel hat ülientlich und in Privathüuscrn Arbeiten Giorß-
dano's in Ucberfluss; da ist, so zu sagen, keine Kirche, die
sich nicht einer rühmte. Sehr bewundert wird die Vertreia
L
Goethe's
Vgl.
Winckellnaien S. 229 fI.
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