Volltext: Geschichte der Malerei in Italien vom Wiederaufleben der Kunst bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Erster Band)

Viert. Zeitr. 
Giordano, Solimene u. ihre Schüler. 
603 
II. p. 67) sagt: „wer die wesentliche Schönheit dieses Ma- 
lers nicht kennt, kann wol von Giordanws Nachahmung 
getäuscht werden." 
Dennoch nahm er keinen der genannten Style als den 
seinigen an. Anfangs vcrricth-cr (leutliche Spuren des S pagno- 
letto; nachher hing er, wie die Leidensgeschiehte in S. Te- 
resa beweiset, gar sehr an Paolo Veronese, und von die- 
sem behielt er immer den Grundsatz bei, durch ein Studium 
der Verzierungen, welche das Auge bestachen, zu überraschen. 
Vom Cortona scheint er den Gegensatz und Abstich in der 
Anordnung, die grossen Lichtmassen, die häufige Wiederholung 
derselben Gesichter zu haben, die er in weiblichen Figuren oft 
von seiner Frau copirte. Uebrigens suchte er sich von allen 
Meistern durch ein neues Coioritauszuzeichnen. Er kümmerte 
sich nicht darum, es nach den besten Kunstvcrschriften zu bil- 
den; seine Farbentüne sind nicht wahr, am wenigsten im Hell- 
dunkel, wo cr höchst willkürlich verfuhr. Dennoch gefällt er 
durch eine gewisse Anmuthlund gleichsam einen Trug der 
Kunst, den iVenige beachten und keiner leicht nachahmen 
kann. Auch stellte er seinen Schülern nicht sich zum lliilster 
auf, tadelte sie vielmehr, wenn sie ihm folgten, indem er ih- 
nen sagte, es sei kein Geschäft für Jünglinge, in diese An- 
sichten einzudringen. Er kannte die Gesetze der Zeichnung, 
kümmerte sich aber nicht sehr sie zu beobachten, und Do- 
meniehi meint, wenn er sie streng beobachtet hätte, wäre 
das Feuer in ihm erkaltet, welches sein Hauptverdienst ist. 
womit denn nicht jeder Leser übereinstimmen wird, eher viel: 
leicht mit dem andern Grunde, dass er, weil er höchst gewinn- 
süchtig war und darum auch die gemeinsten Bestellungen nicht 
abwies, diese seine Leichtigkeit auf Kosten seiner Ehre miss 
brauchte. Daher wird er auch beschuldigt, oft oberflächlich, 
ohne Farbenauftrag, mit übermiissig vielem Oel gemalt zu ha- 
ben, wesshalb seine Bilder schnell von der Leinwand ver- 
schwanden 3).  
Neapel hat ülientlich und in Privathüuscrn Arbeiten Giorß- 
dano's in Ucberfluss; da ist, so zu sagen, keine Kirche, die 
sich nicht einer rühmte. Sehr bewundert wird die Vertreia 
L 
Goethe's 
Vgl. 
Winckellnaien S. 229 fI. 
11V.
	        
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