Vorwort.
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und abzunrteln nur Künstlern gebührt. Kunstfreunrle habe
ich ebenfalls vernommen, die in manchen Punkten gleich
scharfsichtig sind, wie Künstler, ja von diesen oft de-
miitltig z. B, über das Bräuchliche in der Geschichte,
über das Eigcnthümliche und Schickliche in der Erfin-
dung, im Ausdruck, in der Nachahmung des Alten, in
der Wahrheit der Farbe, befragt werden. Nicht minder
habe ich selbst einen grossen Theil der bessern Erzeug-
nisse der Italienischen Schulen betrachtet und mich in
Städten erkundigt, wie die liinsichtigen über ihre nicht
so bekannten Maler tirtheilen; denn Wn man mehr Werke
sieht, und wo Einheimische, wie Fremde, öfter, als an-
derswo, davon sprechen, lässt sich auch ein besseres
Unheil vermuthen. S0 hahe ich denn nicht wenig Künst-
lern ihren Ruf bewahrt, welche bloss deshalb vergessen
wurden, weil derlGeschichtschreiber ihrer Schule entwe-
der nichts, oder etwa nur ein sclnvaclies Erzeugniss, ci-
nen Jugendversuch in einer Stadt gesehen, aber von ih-
ren anderweitigen kunslreichern und reifern Werken nichts
wusstß 20)-
20) S0 wie lianzi sich des eignen Urtheils begieht, so ist die kunst-
richlerliche auch die schwächste Seite seines verdienstvollen Werks.
Denn dadurch, däss er bald der Stimme der Mehrzahl, und bald wie-
der einzelner berühmter Kunstlcexmer folgte, entstanden eo viele par.
leiische, einseitige, einer Mudeansicht ahgelernte, untereinander in
tlYirlerspruch stehende Urtheile, denen eigne Ueberzeu-guxig als feste
Grundlage fehlt; und Vasari, dcr oft leidenschaftlicher Vorliebe sich
hingiebt, oft über alle Maasen lobt, aber nur Selten purteilich Vor--
dienätvolles verkennt, ist als Benrtheiler immer liebenswürdig und
wahrhafter, weil er seiner eignen Ueberzeuguug folgte. Vas ari macht
hierin eine seltene Ausnahme von vielen Künstlern, deren Urtheile
gewöhnlich sehr einseitig und bedingt sind, die oft durch die ihrer
eignen ähnliche Manier bestochen, und durch andrer Vorzüge gegen
fremde Werke eingenommen werden. Auch legen gewöhnlich Künst-
ler einen zu grossen Werth auf die technische Behandlung der Kunst-