ZW. Zeitr. Einfluss Raff. u. Michel. auf d N eapoLSchule.
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burtsort verlassen hatten, und dieses, oder jenes Meisters Styl
zurüekbraehtcn, und je nachdem die Fürsten und Grossen des
Reichs die besten Ausländer einluden, oder doch wenigstens
brauchten; worin Neapel keiner andern Stadt Italiens, Rom
ausgenommen, nachsteht. S0 hat denn dieser Ort stets tüch-
tige Maler gehabt, welche eine so grosse, an Palästen und Kir-
chen gleich reiche Mutterstadt verzierten. Nie hat es ihr an
grossen Geistern gefehlt, welche sie in Menge für alle Strebun-
gen hat, besonders aber für solche, die eine glühende Ein-
bildungskraft und.ein gewisses beseelendes Feuer verlangen.
Daher konnte ein sehr gebildeter Gelehrter und Maler zugleich
sagen, kein Theil Italiens könne sich einer gleichen Anzahl
geborener Maler rühmen; mit soviel Begeisterung, Phantasie
und Freiheit sind grosscntheils die Arbeiten dieser Künstler
gefertigt. Daher rührt auch die von Alten (Plin. NG. 35, ll.)
und Neuen, wenn sie nur nicht ohne die übrigen Gaben ist,
gelobte Schnelligkeit. llleisterxtheils aber schliesst sie leider
die vollendete Zeichnung aus, die denn auch Wenigen dieser
Schule zu Theil geworden. Auch das ldealschüue hat man
nicht sehr studirt; die meisten haben, wie Naturalisten pflegen,
die Phjjsiognomien und Bewegungen der Figuren von dem Volke
entlehnt", bald mit mehr, bald mit weniger Wahl. lm Colorit
hat diese Schule ihre Grundsätze nach den Zeiten gewechselt.
In Erfindung und Composition ist sie reich, aber nicht fleissig.
lllr hvcchselgeschick wird im Verlauf erörtert werden.
Nicht unter fröhlieheren Vorbcdeutungen konnte in Neapel
die neuere Malerei beginnen, als sie wirklich begann. Pietro
Perugino hatte eine Himmelfahrt U. L. F. gcnralt, die jetzt
im Dom seyn soll, oder in S. Rcparata, der ältesten mit dem
neuen Dom spiitcrhin verbirndeuen Hauptkirche. Dies Werk
hatte die Bahn zum bessern Geschmack gebrochen. Als Raf-
fael und seine Schule in Aufnahme kamen, benutzte dies
Neapel mittels einiger Schüler unter allen Städten zuerst; zu
jenen Schülern kamen noch gegen die Hälfte des Jahrhunderts,
einige Anhänger Mich elangeloes. Und so sah denn diese
Schule bis beinahe 1600 nichts, als diese hohen hlnster und
deren Nachahmer, ausser dass Einige auch Tizian sich er-
gaben.
Wir erölfnen die neue Reihe mit Andrea Sabbatini
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